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Studenten–Demo gegen Sparpläne

■ In Hannover demonstrierten 15.000 Studenten gegen die Einführung von Studiengebühren und gegen die Kürzungen von Personal– und Sachmitteln an den Hochschulen / VDS befürchtet Abschaffung des BAFöG

Aus Hannover Jürgen Voges

Etwa 15.000 Studenten aus ganz Niedersachsen haben gestern in Hannover gegen die Sparpläne der Regierung Albrecht protestiert. Nach einer Kundgebung in der Innenstadt zog der Demonstrationszug zum Gästehaus der Landesregierung, in dem zur gleichen Zeit das Kabinett Albrecht über die geplante Einführung von Studiengebühren für sogenannte Langzeitstudenten beriet. Nach den bisherigen Plänen des Kabinetts sollen in Zukunft Studenten, die die BAFöG–Höchstförderungsdauer um mehr als 3 Semester überschreiten, und die Senioren–Studenten 1.000 DM Gebühren pro Semester zahlen. Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP hatten 500 DM pro Semester vorgeschlagen. Durch das Kürzungprogramm werden den Hochschulen außerdem ein genereller Einstellungsstopp und lineare Kürzungen bei den Sachausgaben verordnet. Auf der Kundgebung in der Innenstadt hat ein Vertreter des AStAs der Uni Hannover die Landesregierung ultimativ aufgefordert, die Studiengebührenpläne bis zum 30.4. zurückzunehmen. Von den geplanten Gebühren wären in erster Linie die sozial Schwachen und die Frauen betroffen. Längere Studienzeiten würden vor allem Frauen, die Kinder erziehen, in Anspruch nehmen und die Studenten, die wegen der BAFöG–Kürzungen ihren Lebensunterhalt durch Jobben verdienen müssen. Der stellvertretende SPD– Fraktionsvorsitzende Rolf Wernstedt wies darauf hin, daß das Land Niedersachsen durch die geplante Steuerreform, die nur den besser Verdienenden zugute komme, Einnahmeverluste von über eine Milliarde DM im Jahr erleiden werde. Zur gleichen Zeit müsse die Universität Hannover Stellen streichen, um die Heizkosten bezahlen zu können. Ein solcher Zustand sei unwürdig für eines der reichsten Länder der Welt. Im Zusammenhang mit den Einsparungen beim Lehrpersonal und den Sachmitteln erinnerte Jürgen Weißbach vom DGB Landesvorstand an die 150prozentige Überlastquote an den niedersächsi schen Hochschulen. Schon jetzt würden auf 80.000 Studienplätzen 127.000 Studenten studieren. Der Präsident der Universität Hannover, Hinrich Seidel, der demnächst Vorsitzender der Westdeutschen Rektorenkonferenz wird, hatte bereits gestern morgen auf einer Uni–Vollversammlung davon gesprochen, daß durch den geplanten Einstellungsstopp voraussichtlich jede zweite Zeitstelle wegfallen werde. Dies betreffe vor allem den wissenschaftlichen Nachwuchs und gefährde unmittelbar die Qualität des Studiums. Wegen der schlechten Ausstattung an den niedersächsischen Hochschulen sieht Seidel kaum noch Chancen, „in Zukunft Wissenschaftler aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland für Niedersachsen zu gewinnen.“

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