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Annäherung in Genf - CDU blockt ab

■ UdSSR bietet strenge Kontrollmaßnahmen für Abkommen über Mittelstreckenraketen an / Atomsprengköpfe der Pershing Ia sollen mit verhandelt werden / CDU–Fraktionsvorsitzender Dregger will neuen Doppelbeschluß / Kohl kündigt Regierungserklärung an

Genf/Bonn (ap/dpa/taz) - Alexey Obuchow gab sich optimistisch. Bei der gestrigen Vorstellung des sowjetischen Vertragstextes über den Abbau aller Mittelstreckenraketen - auch denen kurzer Reichweite - in Genf sah er die Hindernisse soweit beseitigt, daß ein Abkommen in diesem Jahr möglich ist. Über die vorliegenden Vertragsentwürfe hinaus sei die Sowjetunion auch bereit, über ein Abkommen bei den Kurzstreckenwaffen separat oder im Zusammenhang mit den Mittelstrecken waffen zu verhandeln. Im Vertragstext der Sowjetunion seien Vorschläge für rigorose Bestimmungen der Verifikation (Nachprüfbarkeit) und für Inspektionen vor Ort enthalten, „am Ort des Abbaus, am Ort der Vernichtung, an den Abschußrampen und auf Militärstützpunkten auch in dritten Ländern (also auch der Bundesrepublik - Anm. der Redaktion), in Depots und Fabriken, gleich ob sie in privater oder staatlicher Hand sind“, sagte Obuchow. Überraschung löste auf der Pressekonferenz die Forderung der Sowjetunion aus, daß die USA bei einem Abkommen für den Abbau von Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite in Europa auch die Sprengköpfe der in der Bundesrepublik stationierten Pershing 1 A einbeziehen müßten. Obuchow begründete die sowjetische Haltung damit, daß die Sprengköpfe in amerikanischem Besitz seien. Der Westen war bisher davon ausgegangen, daß die UdSSR die Pershing 1 A, die eine Reichweite von 740 km hat, dem Bereich eines Mittelstreckenabkommens nicht zurechne, weil die Raketen im Besitz der bundesdeutschen Luftwaffe sind und die Sprengköpfe getrennt auf amerikanischen Stützpunkten gelagert werden. Bundeskanzler Helmut Kohl will am Donnerstag der kommenden Woche in einer Regierungserklärung im Bonner Parlament zu den sowjetischen Vorschlägen für einen Abzug aller Mittelstreckenraketen aus Europa Stellung nehmen. Im Anschluß daran soll eine mehrstündige Aussprache folgen. Damit wird die ursprünglich von der SPD geforderte Sondersitzung des Bundestags ersetzt. Nach Informationen aus dem Regierungslager war Kohl am Dienstag ein erster Botschaftsbericht über den tags zuvor in Genf von der Sowjetunion unterbreiteten Vertragsentwurf zum Raketenabzug zugegangen. Im Bundeskabinett sowie bei einem anschließenden Koalitionsgespräch waren die Mittelstreckenraketen kein Thema. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Der CDU/CSU Fraktionsvorsitzende Dregger bekräftigte in einem von ihm verfaßten und mit der CSU sowie den Sicherheitsexperten seiner Fraktion abgestimmten Positionspapier die Aussagen der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zur Abrüstung. Darin forderte er die Regierung auf, für die kürzeren Reichweiten zwischen 500 und 1.000 Kilometer solle auch nach der von Kreml– Chef Michail Gorbatschow vorgeschlagenen doppelten Null–Lösung die Forderung nach niedrigen Obergrenzen nicht aufzugegeben werden. Dregger widersprach der Ansicht des amerikanischen Außenministers George Shultz, wonach es nur die Null– Lösung oder die Nachrüstung für Raketen in diesem Bereich gebe. Eine Nachrüstung für Mittelstreckenwaffen kürzerer Reichweite müsse jedoch eine Option bleiben, „die nur dann genutzt werden muß, wenn der Abrüstungsprozeß entgegen unserer Hoffnung nicht auf die atomaren Waffen unter 500 Kilometer, auf die chemischen Waffen und auf die konventionellen Waffen ausgedehnt wird“. Sie stellten eine spezifisch deutsche und europäische Bedrohung dar, auf die bei den weiteren Abrüstungsverhandlungen das Hauptaugenmerk gerichtet werden müsse. „Die Schicksalsfrage der Nation“(Regierungssprecher Ost) soll nun von den Vorsitzenden der Parteien der Regierungskoalition verhandelt werden. Dazu sei die Rückkehr des FDP–Vorsitzenden Martin Bangemann aus den USA am Donnerstag abzuwarten. Zeitgewinn und Rückendeckung erhofft sich Kohl auch von der Ta gung der westeuropäischen Verteidigungs– und Aussenminister im Rahmen der Westeuropäsichen Union. Während die CDU–Rechtsaußen Dregger und Todenhöfer vor einem Abbau der Raketen warnen und die Gefahren der „konventionellen Überlegenheit“ der Sowjetunion an die Wand malen, sprechen sich die Oppositionspolitiker Egon Bahr und Andreas von Bülow für eine Annahme der sowjetischen Vorschläge aus. Nach Ansicht Bahrs sind die „Gefahren“ eines Abkommens über den Abbau der Raketen „gleich Null“. Die verbleibenden 4600 Atomsprengköpfe auf westlicher Seite seien „weiß Gott genug Abschreckung“. Von Bülow geht zudem davon aus, daß Gorbatschow auch über eine Verringerung der sowjetischen konventionellen Präsenz mit sich reden lasse. Moskau sei bereit, die Ängste der Europäer zu respektieren, erklärte der SPD– Politiker. Und der grüne Abgeordnete Alfred Mechtersheimer legte Kohl nahe, endlich mal zum richtigen Zeitpunkt auf die Amerikaner zu hören, die ja nun im Prinzip zur Abrüstung der Raketen in Europa bereit seien.

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