Waldheim auch in Kanada unerwünscht

■ Österreichs Regierung solidarisiert sich mit dem Präsidenten / Konservative und Freiheitliche über US–Entscheidung empört / Waldheim bedankt sich bei den Kriegsopfern für deren Anteilnahme / Sowjets bezichtigen zionistische Kreise des „unfreundlichen Akts“

Aus Wien Michael Schmidt

Als „unverständlich“ bezeichnete die österreichische Bundesregierung in einer Regierungserklärung gestern die Entscheidung des US–Justizministeriums, über Bundespräsident Kurt Waldheim ein Einreiseverbot zu verhängen. Der österreichische Botschafter wurde zur Berichterstattung einberufen, darüber hinaus wurde die Offenlegung der Entscheidungsgrundlagen des US–Justizministeriums gefordert. Die von FPOE– Chef Jörg Haider geforderte Absage der vorgesehenen USA– Reise von Kanzler Vranitzky steht allerdings nicht zur Debatte. Österreich dürfe sich nun keinesfalls in die Isolation begeben, betonte Vranitzky. Die Isolation Waldheims scheint sich jedoch fortzusetzen. Auch Israel und Kanada haben Waldheim unterdessen zur Persona non grata erklärt. Der kanadische Außenminister Joe Clark hatte in der Fragestunde des Parlaments auf die Frage eines Abgeordneten geantwortet: „Der Ministerpräsident (Mulroney) hat es sehr deutlich gemacht, daß Waldheim nicht willkommen wäre, wenn er käme“. Ein Besuch Waldheims in Kanada sei allerdings nicht geplant. Waldheim werde die Signale aus Ottawa aber als klare Botschaft ansehen, erst gar keinen Besuch zu planen, hieß es. In einer ersten Reaktion für die Sozialistische Partei Österreichs sprach deren Generalsekretär Heinrich Keller von einer Unterstützung des demokratisch gewählten Präsidenten durch die SPOE, von deren Mitgliedern man allerdings nicht erwarten könne, daß sie sich mit Waldheim identifizierten, die sozialistische Jugend und der sozialistische Studentenverband fordern hingegen offen Waldheims Rücktritt. Für die OEVP bezeichnete ihr Generalsekretär die US–Entscheidung als „unfaires Femeverfahrenp und schlug vor, das gesamte Material einer Historikerkommission vorzulegen. Die beiden anderen Parlamentsparteien FPOE und Grüne reagierten unterschiedlich. Die Grünen forderten Waldheim auf, „in aller Öffentlichkeit seine Unschuld zu beweisen und seine Vergangenheit klar und deutlich darzustellen.“ Der junge FPOE– Chef Jörg Haider hingegen beklagte die Kriminalisierung der Kriegsgeneration, die hier erfolge, und bekundete Solidarität mit Waldheim. Waldheim selbst nahm am Mittwochvormittag an einer Feier des Kriegsopferverbandes teil, wo er sich über die „vielen Beweise der Anteilnahme aus der Kriegsopfergeneration“ freute, die ihm „Kraft geben und ihn nachdenken ließen über jene Zeit.“ In einer ersten sowjetischen Reaktion sprach die Nachrichtenagentur TASS von einem „unfreundlichen Akt Washingtons“ und vermutete eine Verärgerung zionistischer Kreise wegen Waldheims Bemühungen um eine Nachostlösung zu seiner Zeit als UNO–Generalsekretär.