Cattenom abgestellt

■ Franzosen bleiben auf ihrem Atomstrom sitzen / Saarländischer Umweltminister vermutet Störfall als Grund für Abschaltung

Berlin (taz) - Die Bürgerinitiativen und das saarländische Umweltministerium haben die Abschaltung des ersten Blocks des französischen Atomkraftwerks Cattenom gestern als aktuelle Bestätigung ihres langjährigen Widerstands gegen den größten europäischen Atomkomplex bezeichnet. Wie gestern kurz berichtet, war der Reaktor mit der Begründung abgeschaltet worden, es gebe derzeit keinen Bedarf für den in Cattenom erzeugten Atomstrom. Jetzt zeige sich, so Dr. Hahn von der Trierer Bürgerinitiative gegen Cattenom, daß der an der Mosel erzeugte Atomstrom ein reiner Exportartikel sei, der gar nicht mehr benötigt werde. „Wenn die jetzt schon den ersten Block abschalten müssen, was machen die erst, wenn die anderen drei Blöcke am Netz sind?“ Mit der Abschaltung demonstrierten die Franzosen eine in der BRD bisher unbekannte Praxis. Während rechts vom Rhein AKWs durchgängig in der Grundlast laufen und bei Kapazitätsüberschüssen Kohle– und Gas–Kraftwerke ausgeschaltet werden, sind die Franzosen bei ihrem hohen Atomstromanteil gezwungen, auch Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Dies ist aber umstritten, weil gerade beim An– und Abfahren leicht Pannen passieren können und vor allem die Materialbelastungen dann größer sind. Der saarländische Umweltminister Leinen warf gestern die Frage auf, ob vielleicht ein Störfall der Abschaltung zugrunde liege. Michael Sailer vom Darmstädter Öko–Institut hält die Begründung der Franzosen aber für „plausibel“. Das warme Wetter und das bevorstehende lange Wochenende führten zu einem reduzierten Strombedarf, der eine Abschaltung unter Umständen wirtschaftlich werden lasse. -man–