: Urteil „im Namen des Freistaats Bayern“
■ WAA–Gegner beantragen sofortigen Baustopp für Brennelemente–Eingangslager / Atomrechtliche Genehmigung liegt nicht vor / Befangenheitsantrag gegen Vorsitzenden Richter des Bayerischen VGH gestellt
Von Luitgard Koch
München (taz) - Eine einstweilige Anordnung wegen aufsichtlicher Maßnahmen nach Paragraph 19 des Atomgesetzes reichte gestern der Würzburger Anwalt Wolfgang Baumann beim Verwaltungsgericht Regensburg ein. Er will damit einen sofortigen Baustopp für das Brennelemente– Eingangslager der WAA erreichen. Nach dem spektakulären Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 2.4.86, in dem die erste Teilerrichtungsgenehmigung für rechtswidrig erklärt worden war, begann die Betreibergesellschaft DWK mit dem Bau des Lagers nur auf der Rechtsgrundlage einer Baugenehmi gung. Eine atomrechtliche Genehmigung sei nicht erforderlich, hieß es. In seiner Urteilsbegründung sprach der VGH jedoch nicht davon, daß diese überflüssig sei, sondern ließ die Frage der weiteren atomrechtlichen Genehmigung offen. Dem Regensburger Verwaltungsgericht legte Baumann zwei Gutachten vor, die die Gefährdung beim Einsturz der Lagerhalle belegen. Zudem liegt das WAA–Gelände in einem erdbebengefährdeten Gebiet, wie der Geologe Prof. Rutte in einem Gutachten nachgewiesen hat. In seinem Eilantrag beruft sich Rechtsanwalt Baumann auf Artikel 2 des Grundgesetzes, Recht auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit, und die damit abzu leitende Schutzpflicht der Aufsichtsbehörde. Diese Argumentation ermöglichte es, das 1985 verabschiedete Entlastungsgesetz zu umgehen, wonach der Klageweg gegen Großprojekte durch Ausschaltung der unteren Instanzen verkürzt wurde. Durch dieses Gesetz wurde die Zuständigkeit des Regensburger Verwaltungsgerichts in Sachen WAA verhindert. „Wir meinen, Herr Dr. Metzner soll in den Prozessen gegen die WAA nicht mehr als Vorsitzender fungieren“, so Rechtsanwalt Baumann zum Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter des Bayerischen VGH. Statt im Namen des Volkes „verkündigte“ Metzner das Urteil am 2.4. „im Namen des Freistaats Bayern“, der in dem WAA–Prozeß die Rolle des Beklagten hatte. Diese „Freudsche Fehlleistung“ lege den Verdacht nahe, daß sich der Richter mit der Haltung des Freistaats identifizierte und somit nicht mehr unparteiisch urteilen könne. Außerdem sei der Rücknahmebescheid des Umweltministeriums hinsichtlich der 1. Teilgenehmigung für die Baugrube des WAA–Hauptprozeßgebäudes zum Zeitpunkt des Verfahrens noch nicht wirksam gewesen, da die Auslegungsfrist erst nach Ende der Verhandlung ablief. Empört zeigten sich die Bürgerinitiativen auch darüber, daß geplant ist, die anstehenden weiteren mündlichen Verhandlungen in Sachen WAA unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchzuführen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen