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Dividende muß sein

Die Deutsche Bank hat der Dritte– Welt–Solidaritäts–Bewegung ein Geschenk gemacht. Die diesjährige Hauptversammlung findet praktisch als Vorlauf zu den Jahrestagungen des Weltwährungsfonds und der Weltbank 1988 in Berlin statt. Seit einigen Monaten formieren sich Gruppen der schreibenden Zunft diverser Schattierungen, um ihre Tastaturen für Publikationen gegen die als Macher der Weltschuldenmalaise angeklagten Organisationen zu wetzen. Die andere Fraktion, die den Protest mit Aktionen gegen das selbstgefällige Großspektakel der „Bretton Woods“–Institutionen auf die Straße oder, wenns geht, auch in die Betriebe tragen will, schult sich derweil in abendlichen Seminaren in der Analyse, um für die womöglich handfesten Auseinandersetzungen inhaltlich gewappnet zu sein. Man sitzt allenthalben in den Startlöchern: Das Thema, das in den einschlägigen Köpfen während der letzten Jahre immer größere Langeweile verursachte, je mehr Druckerschwärze sich seiner annahm, erhält wieder Aktualität. Und der ei gentliche Startschuß für Kampagnen auf den diversen Ebenen bleibt nun morgen der Deutschen Bank vorbehalten, indem sie sich anschickt, als diejenige Großbank der Republik, die mit Abstand am meisten aus der Dritten Welt abzockt, über ihr Geschäftsgebaren Rechenschaft abzulegen. Die einen will die Staatsgewalt allerdings lieber gleich in den Startlöchern festnageln. Eine Demonstration gegen die Politik der Deutschen Bank, die von der Kraftwerksunion (eng mit dem Haus liierter AKW–Bauer) zum Hauptversammlungsort Internationales Congreß–Zentrum (ICC) führen sollte, wurde von der Polizei mit Verweis auf die Kreuzberger Krawalle am ersten Mai kurzerhand untersagt. Anders geht die Vorstandsetage der Deutschen Bank mit dem Protest um. Als erstklassiges Kreditinstitut, das auf Leisetreterei bedacht ist, verhält sie sich zunächst mal cool. Zum zweiten Mal müssen sich die Anteilseigner des Konzerns auf der Hauptversammlung in diesem Jahr kritische Worte aus ihrer Mitte anhören - wie dies inzwischen bei einer Reihe bundesdeutscher Großkonzerne vor allem aus der Chemiebranche gang und gäbe ist. Die „Kritischen Aktionäre der Deutschen Bank AG“ wollen das Thema der Dritte–Welt–Geschäfte des Hauses zur Sprache bringen. Klaus Milke vom Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO), Sprecher des Kreises, hat zur Hauptversammlung einen Antrag eingereicht, „nur zehn Prozent des ausgewiesenen Gewinns an die Aktionäre auszuschütten“ und den Rest in einen „Schuldenfonds“ zu überführen, der zur Schuldenstreichung für die Dritte–Welt–Länder beitragen soll. Ein anderer Antrag läuft darauf hinaus, den Bank–vorstand nicht zu entlasten, da seine Politik gegenüber den verschuldeten Ländern diese immer wieder in die Zahlungsunfähigkeit treibe, wodurch „nicht nur der Kurs der Aktie der Deutschen Bank“, sondern auch das Bankensystem gefährdet sei. Wie es sich gehört, hat der Vorstand die Anträge an seine Aktionäre herumgeschickt und dazu brav und zutiefst platt Stellung genommen: Eine Dividende von unter zwei DM könne man „den Aktionären nicht zumuten“. Ein Aktionär hat seine Antragsbegründung gar dem grünen Bundestagsabgeordneten Ludger Volmer überlassen, so daß sich die Aktionärsversammlung auf einen Vortrag des Verschuldungsexperten der Grünen–Fraktion gefaßt machen muß. Obwohl im Prinzip unbegrenzte Redezeit zur Verfügung steht, wollen sich alle Oppositionsredner kurz fassen, um die Stimmung nicht gegen sich aufzubringen. Klaus Milke, der als einziger im letzten Jahr dabei war, will seinerzeit sogar versteckten Beifall ausgemacht haben. Mehr als eine kurze öffentliche Irritation im Zusammenhang mit der Hauptversammlung ist für die Aktionärs–Dissidenten nicht drin, darüber sind sie sich im Klaren. Von den 23 Millionen Aktien stehen in nur dreistelliger Höhe einfach zu wenig Anteilsscheine hinter den rund 20 Mitgliedern der Gruppe. Und ob drastische Zuwächse zu verzeichnen sein werden, darf bezweifelt werden. Trotzdem freut man sich über jeden, der wie sonst die Kleinaktionäre im Rahmen des Depotstimmrechts sein Stimmrecht für die Aktie an die Gruppe überträgt. In der Regel handelt es sich dabei um von Onkel oder Tante geerbtes Aktiengut. Eigens Aktien fürs Stimmrecht anzuschaffen wäre beim derzeitigen Kurs von 600 DM eine teure Angelegenheit. Mit gleichgesinnten Aktionären der anderen Banken steht man im Kontakt. So wird am 21. Mai in Frankfurt beim Treffen der Dresdner–Bank–Aktionäre das Thema Geschäfte mit dem Apartheid–Staat auf der Tagesordnung stehen, und die Commerzbank muß sich einen Tag später in Hamburg auch Unbequemes anhören. Die Kampagnen für den Herbst 1988 laufen jedenfalls an. Auf mehr als versteckten Beifall darf man vom 28. - 31. Mai hoffen, wenn der BUKO seine Jahrestagung in Fulda zum Thema Verschuldung abhält. Am 10. Oktober soll dann ein Treffen zur Schaffung für breitere Bündnisse mit diversen Initiativ–Gruppen und Nicht–Regierungsorganisationen in der Entwicklungshilfe laufen. Wer mehr über kritische Aktionäre und Aktionen wissen will: AK Kritische Aktionäre c/o BUKO, Nernstweg 32–34, 2000 Hamburg 50. Hier kann auch der Reader zum BUKO–Kongreß bestellt werden: „Elende Unschuld - unverschuldetes Elend“, 28 Aufsätze, 172 S. 15,00 DM.

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