Gorleben: Der Schacht kracht

■ Der Tod des Arbeiters im Schacht des geplanten atomaren Endlagers geht nicht auf Materialfehler zurück / Unfall ist direkte Folge der geologischen Verhältnisse der Region / Davor hatten schon 1982 Gutachter gewarnt / Schacht heute „wie eine eingedellte Kartoffel“

Aus Hannover Jürgen Voges

Die Einwände, die namhafte Geologen seit Jahren gegen die Eignung des Gorlebener Salzstockes zum atomaren Endlager vorbringen, haben sich durch einen Unfall auf tragische Weise bestätigt. Gestern hat die Physikalisch–Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig den Bau des Schachtes I des Atommüllagers vorerst für „mehrere Monate“ stoppen müssen. Einer der fünf Bergleute, die in der vergangenen Woche im diesem Schacht durch einen herabstürzenden Stützring schwer verletzt wurden, ist inzwischen gestorben. Die Ursache dieses Unfalls war kein Materialfehler, wie die Endlagerbaugesellschaft DBE zunächst behauptet hatte. Der Unfall ist eine direkte Folge der kaum beherrschbaren geologischen Verhältnisse im Deckgebirge des Salzstocks, vor denen Gutachter die PTB schon vor Jahren gewarnt hatten. Den „unerwartet hohen Gebirgsdruck“ versuchen die Gorlebener Schachtbauer zur Zeit mit immer neuen Notmaßnahmen zu beherrschen. Die PTB bestätigte gestern, daß sich der Schacht I des Endlagers in einer Tiefe von 225 bis 237 Metern unter der Erdoberfläche durch diesen Druck erheblich verformt hat. „Dieser Schacht hat inzwischen einen Querschnitt wie eine eingedellte Kartoffel“, sagte in Hannover der Grünen– Abgeordnete Kempmann, der am Wochenende mit dem Landtagsausschuß für Grubensicherheit an der Unglücksstelle war. Schon der Einbau der stählernen Stützringe, von denen einer bei dem Unfall durch den Bergdruck weggesprengt wurde, war eine Notmaßnahme. Dies hat der Leiter des Celler Bergamtes inzwischen bestätigt. Mit dem Einbau der Ringe, so berichtete der Grünen–Abgeordnete Kempmann, habe man bereits am 11. April begonnen. Die für den Einbau erforderliche Genehmigung habe die Arbeitsgemeinschaft Schachtbau Gorleben (ASG) jedoch erst vier Tage später beantragt und sich bei diesem Verfahren auf einen Notfallparagraphen des Bergrechts berufen müssen. Laut PTB wurden die Stützringe, mit denen der Schacht auf zwölf Meter ausgekleidet ist, nun provisorisch mit einer Betonwand verschalt. Fortsetzung auf Seite 2