piwik no script img

Ver–Zählt

■ Zähler überfallen / Verstärkte Polizeistreifen / Zählerausweise flattern

Berlin (dpa/taz) - In Hamburg und Hannover sind am Montag erneut Volkszähler überfallen worden. In Hamburg sollen dabei vier maskierte Männer dem Zähler seine Unterlagen entrissen haben, die bisher nicht Zähler, sich „nicht von kriminellen Aktionen einschüchtern zu lassen“. In Hannover hat die Polizei am Montag zwei Männer vorübergehend festgenommen, die verdächtigt wurden, kurz zuvor einem Zähler eine Plastiktüte mit seinen Unterlagen entrissen zu haben. Beide Männer wurden wieder freigelassen. Perfekt gefälschte Schreiben, mit denen vor falschen Zählern gewarnt wird, kursieren zur Zeit in zigtausendfacher Auflage im Rhein–Main–Gebiet und in Berlin. In den Schreiben gibt das Statistische Landesamt genaue Verhaltensanweisungen gegenüber falschen Zählern. So wird z.B. auch ein Muster eines Zählerausweises abgebildet. Gültig sei der amtliche Ausweis jedoch nur, wenn er das Dienstsiegel der örtlichen Polizei trage, wird in den Schreiben behauptet, die auch von Kennern zunächst nicht als Fälschung identifiziert wurden. Echte Blanco–Zählerausweise haben Unbekannte in großen Mengen im Landratsamt Tuttlingen gefunden. Dort lag das Zählermaterial zwei Tage lang offen in der Eingangshalle herum. Auch die taz erhielt ein Ausweis–Exemplar. Vielen Dank. Etliche Zähler scheinen ihre Ausweise schon in den ersten Tagen verloren zu haben. In Berlin fand eine Mieterin den Ausweis ihres Zählers, der ihn hektisch gesucht hatte, am nächsten Tag im Briefkasten vor. Ein anderer Zählerkollege wollte es sich ganz einfach machen, als er in einem Berliner Stadtbezirk bei der Arbeitsstättenzählung gleich an sämtliche Beschäftigten einen Personenbogen ausgab. In Bamberg hat die dortige Erhebungsstelle ausgerechnet die für Mietangelegenheiten zuständige Angestellte des Studentenwerks zum Zählen in das Studentenheim geschickt. Im niedersächsischen Warendorf hat die Grün–alternative Liste eine Aufsichtsbeschwerde beim Landesamt für Statistik gestellt, weil der örtliche Leiter des Meldeamtes und mehrere Bedienstete der Meldestelle als Zähler eingesetzt sind. Eine Ohrfeige hat die Stadtverordnetenversammlung im hessischen Idstein vom Verwaltungsgericht Wiesbaden gekriegt. Die Politiker wollten eine schriftliche Anfrage der Grünen zur Volkszählung nur dann beantworten, wenn die Grünen sich zuvor von ihrem Boykottaufruf distanzierten. Als „gänzlich verfehlt“ und als „Zensurrecht“ verurteilten die Verwaltungsrichter diesen Erpressungsversuch der bürgerlichen Parteien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen