Kein Schlußpunkt für Montoneros

■ Ex–Führer der argentinischen Guerilla–Organisation Montoneros zu lebenslanger Haft verurteilt

Buenos Aires (taz) - Während Folterer und Mörder aus der argentinischen Armee, die sich offen ihrer Taten rühmen, auf Parlamentsbeschluß amnestiert werden, wurde der ehemalige Anführer der Guerilla–Organisation Montoneros, Mario Firmenich in Argentinien jetzt zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach einem zweieinhalbjährigen Prozeß erklärte Bundesrichter Carlos Luft, daß der 38jährige jedoch „nur 30 Jahre“ der Freiheitsstrafe verbüßen müsse. Mario Firmenich war angeklagt wegen der spektakulären Entführung zweier Industrieller im Jahre 1974, die gegen ein Lösegeld von 60 Millionen Dollar freigelassen wurden. Damals waren zwei Menschen getötet worden. Nach dem Amtsantritt Alfonsins 1984 versuchte Firmenich wie viele Montoneros, aus dem Exil nach Argentinien zurückzukehren. Er wurde jedoch in Brasilien verhaftet und 1984 an die argentinische Justiz ausgeliefert. Fortsetzung auf Seite 6 Anders als im Nachbarland Uruguay wurden die Mitglieder der früheren Guerillabewegung Argentiniens, der aus den Peronisten hervorgegangenen Monteneros, durch ein Dekret Alfonsins nicht amnestiert, sondern für ihre, über zehn Jahre zurückliegenden Aktionen strafrechtlich verfolgt. Milder war die Regierung nur bei den wenigen, die während der Diktatur im Gefängnis gesessen haben. Nach dem Gesetz Nr. 23.070 wurde jeder damals in Haft verbrachte Tag doppelt angerechnet, und einige der zu lebenslang Verurteilten sind in den letzten Monaten entlassen worden. Wer allerdings während der Diktatur im Exil lebte, muß heute noch mit einer Verhaftung rechnen. Die im „Punto–Final–Gesetz“ (Schlußpunkt) gesetzte Frist betraf zwar nicht nur die Militärs, sondern auch die Linken, die ebenfalls nach dem 22. Februar nicht mehr angeklagt werden konnten. Ausgenommen wurden vom Schlußpunkt–Gesetz jedoch die „flüchtigen Delinquenten“, all diejenigen, die sich während der Diktatur im Ausland in Sicherheit bringen mußten. So werden heute noch 200 Montoneros wegen ihrer früheren Aktivitäten polizeilich gesucht. Ob die peronistische Oppositionspartei mit ihrer Amnestieforderung für die Linke durchkommt, ist noch völlig offen. Die Montoneros entstanden 1969, ihre Ideologie war eine Mischung aus Nationalismus, fortschrittlichem Katholizismus und Populismus. Die Parole war der „nationale Sozialismus“. Auf ihrem Höhepunkt hatten die Montoneros etwa 100.000 Anhänger. Ihre bewaffneten Aktionen reichten bis zur Einnahme von Kasernen, aber auch zur Liquidierung von Peronisten aus dem rechten Gewerkschaftsflügel. Die bekannteste Aktion war die Entführung der beiden Geschäftsmänner, für die Firmenich jetzt verurteilt wurde. In der Politik spielen die Montoneros, die sich offiziell auflösten und jetzt als Partei unter dem Namen „revolutionärer Peronismus“ auftreten, heute keine Rolle mehr. Gaby Weber/Eva v. Hase–Mihalik