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2 1/2 Jahre für ungarischen KDVler

■ Revisionsgericht bestätigte die Strafbarkeit der Wehrdienstverweigerung / Tabu–Thema Kriegsdienstverweigerung erstmals in der Budapester Presse

Aus Budapest Hubertus Knabe

Die Szene hätte aus einem jener ungarischen Filme stammen können, die mit der Zeit des Stalinismus ins Gericht gehen: In Sträflingskluft und Handschellen betritt ein jugendlicher Angeklagter verschüchtert den Gerichtssaal mit dem Wappen der Volksrepublik Ungarn an der Stirnwand, dann kommen Richter, Staatsanwalt und Nebenrichter herein. Alle in Uniform und mit versteinerten Gesichtern. „Nehmen sie ihm die Handschellen ab“, bringt der Richter unwirsch hervor, „und stehen sie gerade, wenn ich mit ihnen spreche“. Auf diese Weise wurde am Donnerstag in der ungarischen Hauptstadt der Revisionsprozeß gegen den 23 Jahre alten Wehrdienstverweigerer Zsolt Kesz thely eröffnet, der vor wenigen Wochen vom Budapester Militärgericht zu drei Jahren Kerker verurteilt worden war. Keszthely war Herausgeber einer Untergrundzeitschrift und im Februar verhaftet worden, nachdem er sich geweigert hatte, einer Einberufung Folge zu leisten. In einer Erklärung hatte er den Behörden mitgeteilt, daß er nicht bereit sei, einer Regierung als Soldat zu dienen, die nicht demokratisch gewählt worden sei. Jetzt wurde seine Strafe vom Obersten Ungarischen Gericht um sechs Monate herabgesetzt. Zur Herabsetzung des Strafmaßes und zur Durchführung des ersten öffentlichen Prozesses gegen einen der jährlich rund 150 ungarischen Wehrdienstverweigerer hatte offensichtlich geführt, daß ausländische Medien und die Gefangenenhilfsorganisation amnesty in ternational den Fall verfolgt hatten. Bislang wurden Wehrdienstverweigerer in Ungarn in zehnminütigen Schnellverfahren abgeurteilt und hatten keine Möglichkeit zu einer echten Verteidigung. Demgegenüber veröffentlichte am Freitag auch die ungarische Tageszeitung Magyar Hirlap einen ausführlichen Bericht über den Prozeß, in dem sie Bestrafung Keszthelys und anderer Wehrdienstverweigerer rechtfertigt. Keszthely führte zu seiner Verteidigung an, daß die unbedingte Wehrpflicht im Widerspruch zum verfassungsmäßig verankerten Recht auf Gewissensfreiheit stünde. Auch die Praxis, nur einigen wenigen Mitgliedern religiöser Sekten die Möglichkeit eines waffenlosen Dienstes in der Armee einzuräumen, sei nicht verfassungskonform. Er erklärte das Gericht für befangen, weil es sich nur aus Militärs zusammensetze und forderte es auf, die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Gesetze vom Präsidialrat überprüfen zu lassen. Das Gericht ignorierte diese Einwände oder wies sie zurück und erklärte, die Schuld des Angeklagten stehe zweifelsfrei fest. Es hielt jedoch eine Verkürzung des Strafmaßes für angebracht, weil die erste Instanz den schlechten Gesundheitszustand des Angeklagten nicht berücksichtigt und die politischen Ausführungen Keszthelys für die Begründung des Urteils herangezogen habe. Die politischen Auffassungen seien jedoch jedermanns Privatsache, aufgrund derer niemand bestraft werden könne. Zusätzlich zur Gefängnisstrafe verkündete das Oberste Gericht einen zweijährigen Entzug der bürgerlichen Rechte des Angeklagten.

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