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Ulrich Stegers schneller Abgang

■ Der „Totengräber“ der rot–grünen Koalition in Hessen legt sein Landtagsmandat nieder / Von der harten Oppositionsbank in die freie Wirtschaft

Von K.–P. Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Der ehemalige hessische Wirtschaftsminister Ulrich Steger (SPD) wird im September sein Landtagsmandat niederlegen. Wie der promovierte Wirtschaftswissenschaftler am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, scheide er „ohne Zorn und ohne jemanden Steine hinterherzuwerfen“ aus der hessischen Volksvertretung aus. „Uli“ Steger, der im Januar 1987 mit seiner vorangekündigten ALKEM–Genehmigung die erste rot–grüne Koalition der Republik in den Suizid getrieben hat, will ausgerechnet einen Lehrstuhl für Ökologie und Unternehmensführung einnehmen, den die „European Business School“ im weinseeligen hessischen Rheingau einrichtet. Dies dürfte nicht nur von den freiwilligen und unfreiwilligen Akteuren des von Steger inszenierten Polit–Theaters als Treppenwitz empfunden werden. Denn mit Steger verläßt ein Mann die politische Bühne in Wiesbaden, der in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister den klassischen Konflikt Ökonomie contra Ökologie immer zugunsten der Ökonomie entschieden hat - ohne Rücksicht auf die sensiblen politischen Machtstrukturen des Landes. Von Holger Börner im Juni 1984 in das von den Grünen tolerierte SPD–Kabinett geholt, verstand es Steger immer wieder, den kleinen Partner der großen Traditionspartei bis aufs Blut zu reizen. Mit seiner an Kumpanei grenzenden Willfährigkeit gegenüber den Wünschen der Hanauer Atommanager, die Anfang 1987 selbst die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen hat, zwang Steger die Grünen bereits Ende 1984 zum Bruch des Tolerie rungsbündnisses mit den Sozialdemokraten. Und als sich die Partner unter Federführung von Fischer und Börner Mitte 1985 via Doppelvierer–Vereinbarungen, die Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen wurden, erneut zusammenrauften, war es wiederum Steger, der mit der vorangekündigten ALKEM–Genehmigung sowohl gegen die Koaltionsvereinbarungen als auch gegen eindeutige Anti–Plutonium–Beschlüsse seiner eigenen Partei verstieß. Schalke–Fan Ulrich Steger, der bei der Opposition als „Mammas Liebling“ (Kanther/CDU) firmierte und bei den Grünen nur „der Atomminister“ war, befand sich endgültig in der Isolation. Die Genossen der südhessischen SPD, die erfolglos versucht hatten, gegen Börner einen Anti–Steger–Kurs zu fahren, wünschten dem „dappischen Minister“ (Der Spiegel) die Pest an den Hals. Daß Steger dennoch auf der Landesliste zur vorgezogenen Hessenwahl im April auftauchte, hatte er nur der - trotz Rücktritt - noch immer gewichtigen Protektion Holger Börners zu verdanken. Doch unter einem Ministerpräsidenten Krollmann wäre Ulrich Steger sicher nicht wieder Minister geworden. Wallmanns Sieg am 5. April und der Gang der hessischen SPDler in die Opposition haben den „Totengräber“ der rot–grünen Koalition auch innerhalb der eigenen Fraktion zum „Unberührbaren“ werden lassen. Unter diesen Umständen war sein Abgang von der politischen Bühne nur eine Frage der Zeit. Im schönen Rheingau wird Ulrich Steger endlich wieder das machen können, was er am besten kann: mit dem Chemiebaukasten spielen.

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