P O R T R A I T Diane Abbott, „Making History“

■ Ein „Sieg für den Sozialismus“: Die 33jährige Jamaika–Britin zieht als Labour–Abgeordnete des Londoner Bezirks Hackney ins Unterhaus ein

Von Rolf Paasch

Diane Abbott, vor 33 Jahren als Tochter eines jamaikanischen Arbeiterehepaars in London geboren, befolgte am Donnerstag den Ratschlag ihres Landsmanns, des Dubpoeten Linton Kwesi Johnson, „Making History“: Diane Abbott wurde als erste schwarze Abgeordnete für den Londoner Wahlkreis von Hackney ins britische Unterhaus gewählt. Als Repräsentantin eines innerstädtischen Bezirks, dessen schwarzer Bevölkerungsanteil über 30 sieht sie ihre Aufgabe zunächst in der Vertretung aller Bürger ihres Wahlkreises, „seien sie schwarz oder weiß“. Die Bedeutung ihrer Wahl, so erklärte sie der taz gehe allerdings weit über die Grenzen dieser britischen Inner City hinaus. Diane Abbotts steile Karriere führte sie über ein Geschichtsstudium in Cambridge zunächst ins Ausbildungsprogramm des Innenministeriums: „Ich wollte auf dem Gebiet der Rassenbeziehungen arbeiten, und so schickten sie mich natürlich in die Knastabteilung und dann in die Bewährungshilfe.“ Nach einem kurzen Gastspiel bei der britischen Bürgerrechtsorganisation NCCL arbeitete sie dann zwei Jahre als Produktionsassistentin beim „Frühstücksfernsehen“, ehe sie schließlich als Pressereferentin bei der linken Labour–Stadtverwaltung von Lambeth in Südlondon landete. Während sie dort im Rathaus als Feministin, schwarze Aktivistin und Sozialistin mit ihren ärgsten Feinden, der sexistischen, rassistischen und rechten britischen Boulevardpresse ihre Erfahrungen sammelte, bewarb sie sich fünf Meilen weiter nördlich, im Stadtteil von Hackney, um die Kandidatur als Parlamentskandidatin der Labour Party. Im Dezember 1985 wurde sie dann zur Kandidatin gekürt, mit linken Tricks, so behaupten die einen, durch ihre unbestreitbaren rhetorischen Fähigkeiten, so die anderen. Ihre Stimme für den schwarzen Bevölkerungsanteil Großbritanniens - soviel ist sicher - wird auch in Großbritanniens größtem Club weißer Männer, dem Parlament, nicht untergehen. Zusammen mit drei ebenfalls neugewählten schwarzen Abgeordneten formt sie die nun die kleine Garde schwarzer Volksvertreter, die im Haus der Gemeinen noch für einige Aufregung sorgen dürfte. Ihren Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen und Schwarzen wird sie jedoch auch innerhalb ihrer Partei führen müssen. Zusammen mit ihren schwarzen Kollegen wird sie die Kampagne zur Einrichtung parteiinterner „schwarzer Sektionen“ verstärken. Diane Abbott wird mit Hackney im nächsten Parlament einen der Stadtteile vertreten, die im Verlaufe der raschen Yuppifizierung der Londoner Rest–Metropole mittlerweile von einem Meer konservativer Bezirke umgeben sind. Ihr Erfolg, so Abbott, zeige, was eine „vereinigte working class aus Schwarzen, Juden, Türken und Engländern erreichen kann“; er sei „ein Sieg für den Sozialismus“. Das Terrain für den Sozialismus hat sich allerdings von den Regionen der traditionellen Arbeiterklasse auf die der kosmopolitischen Unterklasse verengt. Und während man sich um die politische Karriere der Diane Abbott keine Sorgen zu machen braucht, gilt für die soziale Karriere eines Großteils ihrer Wähler mit fünf weiteren Jahren des Thatcherismus eher das Gegenteil. Diane Abbott wird allerdings dafür sorgen, daß man von dieser neuen innerstädtischen Unterklasse zumindest weiter hören wird.