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Israels Rückkehr auf den schwarzen Kontinent

■ 14 Jahre nachdem die zentralafrikanischen Staaten wegen des Yomkippur–Krieges alle diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen hatten, ist Israel in der Region wieder ein gerngesehener Partner / Entwicklungsgelder fließen nun aus Israel nach Zentralafrika

Aus Lome Knut Pedersen

„Shalom Shamir“, „Solidarität mit dem freiheitsliebenden Volk“, „Es lebe der Staat Israel“ - breite, über die Straßen gespannte Spruchbänder verkündeten dieser Tage in der togolesischen Hauptstadt Lome, was andernorts in Schwarzafrika noch tabu bleibt: den neuen Bund mit Israel. Kaum eine Woche nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Togo und Israel zog Premierminister Yitzhak Shamir durch die weit geöffnete togolesiche Pforte ins Herz Schwarzafrikas ein. Bis zum Ende der Woche wird er noch Kamerun Liberia, die Elfenbeinküste und - vielleicht - Zaire bereisen. Am vergangenen Montag ging über dem Togoland der Davidstern auf - und vermutlich der islamische Halbmond unter. Shamir wurde in Deutschlands ehemaliger „Musterkolonie“ mit fliegenden Fahnen und allen protokollarischen Ehren empfangen, um die Wiederaufnahme „besonderer Beziehungen“ zu besiegeln, denen der Yomkippur–Krieg 1973 ein vorübergehendes Ende gesetzt hatte. Damals, vor 14 Jahren, hatten 28 afrikanische Staaten aus „Solidarität“ mit Ägypten ihre diplomatischen Beziehungen mit Israel abgebrochen, nachdem die Organisation für afrikanische Einheit (OAU)den diplomatischen Bann gegen Israel beschlossen hatte: Die „zionistischen“ Truppen hatten den Suez über schritten und standen 100 km vor den Toren Kairos. Vor dem Bruch 1973 war Togo im französischsprachigen Afrika Israels bester Partner gewesen, besser Israels privilegierter Hilfsempfänger. Es folgten das damalige Ober–Volta (heute Burkina Faso), die Elfenbeinküste, Zaire und Kamerun. Mithin genau jene Staaten, die als erste in den vergangenen vier Jahren erneut diplomatische Bande mit Jerusalem geknüpft haben: nach Zaire, Liberia, der Elfenbeinküste und Kamerun ist Togo seit vergangener Woche das fünfte Land Schwarzafrikas, das seine Beziehungen mit Israel „normalisiert“. Warum? Die Antwort erschöpft sich nicht im Budget israelischer Entwicklungshilfe, auch nicht, nachdem die versprochenen arabischen Gelder zumindest in der erhofften Größenordnung ausgeblieben sind. Besonders werden die israelischen Ausbildungsprogramme für die Landwirtschaft in Afrika geschätzt. Seit 1960 wurden in Israel mehr als 10.000 Afrikaner in diesem Sektor ausgebildet. Aber mit jährlich rund fünf Millionen Dollar lassen sich auch in Afrika keine Wunder vollbringen, und so bleibt die Entscheidung für oder gegen den David des Nahen Ostens im Kern eine politische. „Der Wiederaufnahme unserer Beziehungen mit Israel steht heute nichts mehr im Wege, da Ägypten nach dem Abkommen von Camp David seine Beziehungen mit Israel normalisiert hat.“ So begrün det Togos Staatspräsident Gnassingbe Eyadema seine Entscheidung, die er freilich erst sieben Jahre nach der „Normalisierung“ zwischen Ägypten und Israel hat treffen wollen. Hinter dem allzu protokollarisch–diplomatischen Argument verbirgt sich denn auch der Keil, der sich in Afrika zwischen die „arabische Welt“ und die „schwarzafrikanischen Zivilisationen“ schiebt. Im kontinentalen Spannungsfeld wird das „diplomatische Faktum“ offizieller Beziehungen mit Israel zur emotionalen Fiktion historisch und kulturell verankerter Rivalität. Eine untergründige Rivalität freilich, von der offiziell nie die Rede ist, die aber zum Ausdruck kommt, wenn der togolesische Präsident seinem israelischen Gast erklärt: „Die natürlichen(!) Affinitäten unserer beiden Nationen haben letztendlich triumphiert.“ Oder wie es der Mann auf der Straße sagt: „Israel, das ist die Bibel, unser heiliges Land.“ Israel ist freilich auch das Land, das in Afrika mit dem Teufel paktiert: dem Rassenregime Pretorias. Um in Schwarzafrika hoffähig zu werden, ist Jerusalem in den vergangenen Monaten deshalb auf Distanz gegangen. „Als historische Opfer von Rassendiskriminierung haben wir keinerlei Sympathien für das Apartheidsregime“, beteuerte dieser Tage Premierminister Yitzhak Shamir. Aber der Verdacht besteht fort, Israel torpediere die Wirtschaftssanktionen und betreibe Waffen handel mit Südafrika. Was freilich Länder wie Zaire, Kamerun und Liberia nicht hindert, mit Israel militärisch zusammenzuarbeiten. Leichte Waffen, auch Kampf– und Transportflugzeuge finden dort Absatz, und die Präsidenten Mobutu, Biya und Doe haben den Drill ihrer Leibgarden israelischen „Experten“ aufgetragen. Pfeile schnitzt man freilich aus jedem Holz, und Israels Mühen in Schwarzafrika zielt auf die vermeintliche oder wirkliche „arabische Einkreisung“. Es geht darum, gegen die hardliner der islamischen Liga zu kontern und sich in den Foren internationaler Meinungsbildung Stimmen jener „automatischen Mehrheit“ zu sichern, die sich aus Ländern der Dritten Welt zusammensetzt.

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