: I N T E R V I E W Ein Signal für die Landeskirchen
■ Der Wirtschaftswissenschaftler Helmut Paschlau vom Arbeitkreis „Kein Geld für Apartheid“ zur Kündigung des Kirchentagkontos bei der Deutschen Bank
taz: Mit welchen Summen sind die deutschen Banken in die Apartheid verstrickt? Paschlau: Im Kreditgeschäft sind südafrikanische Schuldner bei bundesdeutschen Banken und Sparkassen mit etwa zwei Mrd. US–Dollar verschuldet - von 23 Mrd. insgesamt. Man muß aber noch die internationalen Anleihen dazunehmen. Davon sind zwischen 1982 und 1985 ein Drittel von den drei bundesdeutschen Großbanken gemanagt worden - eine wesentlich gewichtigere Rolle, als diese sonst im internationalen Geschehen haben. Die Banken behaupten, sie gäben seit 1985 keine neuen Kredite an Südafrika. Das ist eindeutig falsch. Seit 1985 ist Südafrika zahlungsunfähig. Trotzdem gehen Geschäfte weiter, namentlich die Außenhandelskreditgeschäfte. Die Umschuldung vom vergangenen März hat Südafrikas Notenbankchef „ein gutes Abkommen für Südafrika“ genannt. Warum? Südafrika ist jetzt vom Finanzdruck entlastet und kann seine Apartheidpolitik fortführen. Bisher hatten sich ja die Banken wegen der Zahlungsunfähigkeit geweigert, weitere Kredite zu vergeben. Die Banken nennen ihr Vorgehen „unpolitisch“. Die Umschuldung ist ohne den Internationalen Währungsfonds (IWF) gelaufen. Der wird nämlich hauptsächlich von den USA dominiert, und dort gibt es ein Gesetz über Wirtschaftssanktionen, so daß der IWF nicht mehr zugunsten Südafrikas handeln kann. Also haben die Banken diese Umschuldung selbst gemacht und damit die politische Aussage in den USA gegen Südafrika unterlaufen. Der Kirchentag hat sein Konto bei der Deutschen Bank gekündigt. Welche Bedeutung hat das für die Zukunft der Kampagne gegen Apartheid? Das ist ein Signal. Ein großes Gremium hat öffentlich bekundet, daß man mit solchen Banken nicht mehr zusammenarbeiten will. Heute hat auf dem Kirchentag ein Vertreter einer Bremer Kirche gesagt: Es ist unverantwortlich, mit solchen Banken Geschäfte zu machen. Wir hoffen, daß sich das Signal jetzt wellenförmig ausbreitet. Die Diskussion soll in den Landeskirchen weitergehen? Ganz sicher. Der bisherige Slogan „Kirchentag gegen Apartheid“ wird in Zukunft lauten: „Kirche gegen Apartheid“. Interview: mr
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