: Selbstgenügsamkeit
■ Zum Abwahlantrag gegen Berlins Innensenator Kewenig
Natürlich ist der Berliner Innensenator Kewenig nicht gefallen. Wer einen Minister stürzen will, kann natürlich auch einen Abwahlantrag stellen. Aber wenn es nicht gelingt, den politischen Konsens der regierenden Partei zu knacken, ist der Mißerfolg so voraussehbar wie jetzt im Berliner Abgeordnetenhaus. Minister stürzen in aller Regel nicht über das Parlament, sondern über ihre Partei. Insoweit war der Mißtrauensantrag gegen Kewenig weder richtig noch falsch. Es war ein Dokument politischen Ungenügens, eine - wenn es dabei bleibt - Demonstration der politischen Selbstgenügsamkeit. Die Oppositionsparteien in Berlin haben schon durch ihr Verhalten im Parlament bewiesen, daß sie sich mit ihrem Mißtrauensantrag selbst nicht ernst nehmen. Die AL legte zur Begründung ihres Antrags einen Warenhauskatalog von zehn Verfehlungen des Innensenators vor, anstatt die über Stunden praktizierte Suspendierung des Grundrechts auf Freizügigkeit für einen ganzen Bezirk - Kreuzberg - in den Mittelpunkt zu rücken. Und die SPD–Fraktion demonstrierte durch teilweise Abwesenheit, daß sie die politische Dimension der Kreuzberger Notstandsübung noch gar nicht begriffen hat. So offenbart eben auch dieses Zwischenspiel der Berliner Innenpolitik die Unfähigkeit der Opposition innerhalb und auch außerhalb der politischen Parteien, den öffentlichen Diskurs in der Stadt zu beeinflussen oder gar so Dies kann auch gar nicht anders sein, solange z.B. die Einkesselung von Kreuzberg als unverhältnismäßige Polizeitaktik und nicht als politischer Skandal, als flächendeckende zeitweise Suspendierung von Rechtsstaatlichkeit begriffen wird. Martin Kempe
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