piwik no script img

Grüne Offensive gegen Hanau

■ Bundestags– und hessische Landtagsfraktion der Grünen fordern parlamentarische Untersuchungsausschüsse zu den Hanauer Atomfabriken / Fischer: „Alles strafrechtlich vermintes Gelände“

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Auf einer Pressekonferenz im hessischen Landtag forderten gestern Otto Schily für die Bundestagsfraktion der Grünen und Joschka Fischer für die grüne Fraktion im hessischen Landtag die Einrichtung von Hanau–Untersuchungsausschüssen in beiden Parlamenten. Beide Politiker stellten übereinstimmend fest, daß die rechtliche und sicherheitstechnische Situation der Hanauer Nuklearbetriebe - zwölf Jahre nach Inkrafttreten der dritten Novelle des Atomgesetzes, die eigentlich rechtliche Klarheit und materielle Sicherheit habe schaffen sollen - „zweifelhafter und verworrener denn je“ sei. Insbesondere die mit „erschreckender Regelmäßigkeit“ auftretenden Störfälle würden ein rasches Handeln gebieten. Mit ihrer Forderung nach Einrichtung von Hanau–Untersuchungsausschüssen, die sich umfassend „auf allen Genehmigungsebenen“ mit den Atomfirmen ALKEM, NUKEM und RBU auseinandersetzen sollen, beriefen sich Fischer und Schily ausdrücklich auf den neuen hessi schen Minister für Umwelt und Reaktorsicherheit, Karlheinz Weimar (CDU), der die Situation bei NUKEM mit „schlimmer als Flick“ beschrieben und nach Amtsantritt Sicherheitsüberprüfungen durch den TÜV–Bayern und die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) angeordnet hatte. Otto Schily bezeichnete die „Gemengelage“ in Hanau als „Orgie des Rechtsbruchs“. Das Mitglied des ehemaligen Flick–Untersuchungsausschusses appellierte in Wiesbaden an die anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen, sich nicht gegen die Einrichtung eines Hanau–Untersuchungsausschusses zu sperren. Schily: „Insbesondere die SPD sollte sich nicht - weil früher Sozialdemokraten Verantwortung für die Zustände in Hanau getragen haben - davon abhalten lassen, eine vollständige Klärung der Vorgänge durch einen Untersuchungsausschuß einzuleiten.“ Sowohl im Bundestag als auch im hessischen Landtag müssen 25 Prozent der Abgeordneten für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses votieren, ein Quorum, das die Grünen alleine nicht erreichen können. Zum Abschluß der Pressekonferenz forderte der Landtagsabgeordnete Chris Boppel den neuen hessischen Umwelt– und Reaktorminister auf, endlich offenzulegen, ob er beabsichtige, für die NUKEM–Altanlage ein Genehmigungsverfahren nach § 7 Atomgesetz durchzuführen, oder nicht. Sollte Weimar dieses Verfahren nicht einleiten und die Anlage dennoch nicht stillegen, so Boppel, sei der Minister „im Anlauf auf die Anklagebank“. Die Atomstadt Hanau sei nämlich „strafrechtlich vermintes Gelände“ (Fischer).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen