Zaghafte Annäherung zwischen Syrien und USA

■ Damaskus wartet auf US–Gesandten / Acht Monate, nachdem Washington und London Syrien auf die „Terrorliste“ setzten, steht nun die diplomatische Normalisierung an / Vorgehen in Venedig abgesprochen / Enttäuschung in Israel, weil es nicht konsultiert wurde

Aus Tel Aviv Amos Wollin

In der syrischen Hauptstadt Damaskus wird jetzt ein Beauftragter der amerikanischen Regierung erwartet. Dies ist bemerkenswert, denn vor noch gar nicht allzulanger Zeit war Syrien einer der fünf Staaten, denen die USA „Unterstützung des Terrorismus“ vorwarfen. Am vergangenen Freitag hatte die US–Regierung mitge teilt, daß die USA die Entsendung eines Sonderbeauftragten nach Damaskus vorgeschlagen hätten, um mit der syrischen Führung über eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staa ten zu sprechen. Name und Termin wurden nicht bekannt gegeben. Im Oktober letzten Jahres hatten Großbritannien und die USA ihre diplomatischen Beziehungen mit Syrien abgebrochen, nachdem bei einem Prozeß in London wegen eines versuchten Attentats gegen eine israelische Verkehrsmaschine eine syrische Verwicklung zutage getreten war. Die Bundesrepublik hatte sich dieser Maßnahme nicht angeschlossen, sondern den fälligen Wechsel auf dem Posten des Botschafters lediglich hinausgezögert. Israel hatte den Beschluß Großbritanniens und der USA im vergangenen Herbst begrüßt. Man sah schon eine neue, breite Allianz der NATO–Staaten gegen den „Terrorstaat“ Syrien. Regierungsmitglieder äußerten sich daher enttäuscht über die neue Annäherung, die im übrigen am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Venedig zwischen den USA und Großbritannien abgesprochen worden war. In Israel wird denn auch moniert, daß es in dieser Frage keine Koordination zwischen Washington und Jerusalem gegeben habe. In den israelischen Medien wird die bevorstehende Reise eines US–Gesandten nach Syrien mit Bemühungen um die Freilassung amerikanischer Geiseln im Libanon, speziell den erst kürzlich verschleppten Journalisten Charles Glass erklärt. Außerdem setzt Washington vor dem Hintergrund seiner Kanonenbootpolitik im Golf darauf, die Kluft zwischen Syrien und dem Iran zu vertiefen. An der Verbesserung der amerikanisch–syrischen Beziehungen stören die israelische Regierung jedoch vor allem die Bemühungen Washingtons, Syrien in den nahöstlichen Friedensprozeß miteinzubeziehen. Das offizielle Israel beharrt auf seiner alten, polarisierenden Einstellung, wonach Israel der bevorzugte und fast ausschließliche Partner der USA in der Region gegenüber der Sowjetunion und ihren arabischen Freunden ist, - symbolisiert in der Person des syrischen Staatschefs Hafez al Assad.