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Neue Ermittlungen in Mauss–Affaire

■ Das niedersächsische Justizministerium bestätigte jetzt, gegen neun Beamte des Landeskriminalamtes erneut zu ermitteln / Illegale Lauschangriffe unter Anleitung des Agenten Werner Mauss sind nach wie vor zu klären

Aus Hannover Jürgen Voges

Das niedersächsische Justizministerium hat in einem Gespräch mit der Generalstaatsanwaltschaft in Celle vereinbart, daß die Ermittlungen gegen neun Beamte des Landeskriminalamtes wegen illegaler Lauschangriffe wieder auf zunehmen sind. Der Justizminister reagierte damit auf ein Schreiben der FDP–Landtagsabgeordneten Rudolf Fischer und Sigrid Schneider, die dem Minister „Verschleierung und Verharmlosung“ der rechtwidrigen Abhöraktionen vorgeworfen hatten. Die illegalen Lauschangriffe, bei denen die LKA–Beamten unter Anleitung des Agenten Werner Mauss den Hannoverschen Juwelier Rene Düe bzw. dessen Angehörige mit Wanzen abgehört hatten, waren durch den Mauss–Untersuchungsausschuß des Landtages aufgedeckt worden. Gegen Mauss selbst wird allerdings kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, obwohl die FDP–Abgeordneten auch dies gefordert hatten. Da Werner Mauss in keinem beamtenrechtlichen Verhältnis gestanden habe, seien seine Delikte im Zusammenhang mit den Lauschangriffen bereits verjährt, erklärte dazu der Sprecher des Justizministerium. Die Hartnäckigkeit der FDP– Abgeorneten Fischer und Sigrid Schneider in dieser Sache hängt offenbar direkt mit dem Diziplinarverfahren gegen den ehemaligen Leiter der Kripo Burgdorf, Werner Knocke, zusammen, das die FDP–Abgeordneten in zahlreichen Gesprächen mit dem Innenminister, dessen Staatsekretären und anderen Ministerialbeamten hatten abwenden wollen. Der FDP–Abgeordnete Fischer sagte dazu auf Anfrage, es sei der Eindruck entstanden, daß bei den LKA–Beamten und im Fall Knocke mit zweierlei Maß gemessen werde. Der Kripomann Knocke hatte, wie berichtet, in seinem Disziplinarverfahren ausgesagt, er habe Anfang der 80er Jahre gegen hohe Polizeibeamte ermittelt, die in Bordellen in der Südheide kostenlose Orgien gefeiert und im Gegenzug die dortige Unterwelt vor Strafverfolgung bewahrt hätten. Um eine Aufdeckung dieses Polizeiskandals zu verhindern, so erklärte Knocke, sei ihm ein Straf– und ein Disziplinarverfahren angehängt worden. Inzwischen hat der ehemalige Leiter der Kripo Burgdorf bei einem Notar die Namen von 14 hohen Beamten der Polizei, des Innenministeriums und des Verfassungschutzes hinterlegt, die bei den Sexorgien dabeigewesen sein sollen. Die FDP– Abgeordneten Schneider und Fischer sind offenbar davon überzeugt, daß die Vorwürfe Knockes zutreffen. Sie habe bei den zahlreichen Unterredungen im Inneministerium auf eine interne Untersuchung der Vorwürfe Knockes gedrängt, erklärte Frau Schneider in dem Disziplinarverfahren. Dadurch habe sie Schaden für das Ansehen der Polizei abwenden wollen. Auch im Orgien–Skandal, dem die Polizeidirektion Hannover jetzt durch Ermittlungen „gegen Unbekannt“ auf die Spur kommen will, spielt wiederum der Multiagent Werner Mauss eine Rolle. Nach eigener Aussage ist Knocke dem Filz aus Polizei und Bordellszene bei Ermittlugen gegen einen Untergebenen auf die Spur gekommen. Dieser Untergebene, der Kriminalhauptmeister Wolfgang Wessner, war Führer des V– Manns und Bordellbesitzer, der zu den Orgien eingeladen haben soll. „Mein Amtsvorgänger Manfred Borrak“, so sagte Knocke aus, „hat mir Wessner wärmstens als qualifizierten V–Mann–Führer empfohlen.“ Manfred Borrak, der von der Kripo Burgdorf zum Verfassungschutz wechselte, ist im Zusammenhang mit dem Celler Verfassungschutz–Anschlag als V– Mann–Führer von Berger und Loudil bekannt geworden. In seiner Privatwohnung, so stellte der Mauss–Untersuchungsausschuß fest, führte Borrak mit seiner Frau mindestens zehn Jahre lang für Mauss ein Büro.

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