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Wahlrecht für Hamburgs Ausländer?

■ SPD und FDP einigten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen auf Kommunales Wahlrecht für Ausländer / Detailfragen sind allerdings noch umstritten / SPD hatte sich noch 1984 für Einbürgerung entschieden

Aus Hamburg Rainer Scholz

In Hamburg haben sich SPD und FDP in ihren vierstündigen Koalitionsverhandlungen am Samstag offenbar darauf geeinigt, das Kommunale Wahlrecht für Ausländer einzuführen. Lediglich Detailfragen sind zwischen den beiden Parteien noch umstritten. Gegenüber der taz versicherte der Hamburger FDP–Landesvorsitzende Ingo von Münch ge stern, daß er der Einführung des Kommunalen Wahlrechts für Ausländer keine Hindernisse entgegenstehen sähe, nachdem auch die SPD–Spitze ihr grundsätzliches Einverständnis signalisiert habe. Beide Parteien haben die Forderung in ihren Programmen verankert. Strittig ist auch innerhalb der beiden Parteien noch die Frage, ob nur Bürger aus Staaten der Europäischen Gemeinschaft, auch Ausländer aus den Mitgliedsstaaten des Europarates oder alle Ausländer wählen dürften. Beim ersten Modell wären die bei weitem größten Gruppen in der Hansestadt, die Türken und Jugoslawen, ausgeschlossen. Beim zweiten Modell dürften die Türken mitwählen. Eine Ausweitung auf alle Ausländer würde die Zahl der Wahlberechtigten in Hamburg um sechs Prozent erhöhen. Noch 1984 hatte der Hamburger sozialdemokratisch regierte Senat die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer abgelehnt und statt dessen auf Einbürgerung gesetzt - ein teurer und komplizierter Schritt, den zwischen 1982 und 1985 nur 141 Personen gingen. Ein weiterer strittiger Punkt ist die Frage, wie lange Ausländer bereits in Hamburg leben müssen, um über die Zusammensetzung der sieben Bezirksversammlungen mitentscheiden zu können. Die Vorschläge liegen in einem Zeitraum zwischen fünf und zehn Jahren. Die endgültige Entscheidung in dieser Frage wird für August erwartet. Nach Aussage Ingo von Münchs dürfte es aber auch dann „noch mindestens weitere fünf Jahre“ dauern, bis dieses „Mehr an Demokratie“ praktiziert werden darf.

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