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San Salvador: Schüsse „in die Luft“

■ Polizei schießt erneut auf Demonstranten / Duarte lehnt Verhandlungen über höhere Löhne und Sozialleistungen ab, weil Gewerkschaften ein Vortrupp der Befreiungsorganisation FMLN seien

San Salvador (ap/taz) - Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche wurde in San Salvador auf Demonstranten geschossen. Mit Schnellfeuergewehren gingen Polizisten am Mittwoch gegen mehrere Hundert Arbeiter vor, die in der Hauptstadt des mittelamerikanischen Kleinstaats El Salvador für ihre Lohnforderungen demonstrierten. Nach Angaben einer Gewerkschaft wurden mindestens fünf, nach Augenzeugenberichten sechs Personen durch Schüsse verletzt. In dem darauffolgenden Chaos trugen nach Gewerkschaftsangaben weitere 15 Personen beträchtliche Verletzungen davon. Die Demonstranten protestierten gegen die Weigerung der Regierung, mit Gewerkschaftsvertretern über höhere Löhne und Sozialleistungen zu verhandeln. Präsident Duarte hatte am Montag auf einer Pressekonferenz in San Salvador erklärt, er werde nicht mit Vertretern der Gewerkschaften zusammentreffen, die er als Vortrupp der gegen seine Regierung kämpfenden Befreiungsfront FMLN betrachte. Erst einen Tag zuvor war Duarte von einer Reise durch die Bundesrepublik zurückgekehrt, wo er von Politikern verschiedenster Couleur als „aufrechter Demokrat“ bezeichnet und mit 54 Mio. DM bedacht worden war. Augenzeugen berichte ten, die Polizisten hätten zu schießen begonnen, als die Demonstranten mehreren Autos den Weg versperrten, Reifen zerstachen, Windschutzscheiben zertrümmerten und Parolen auf Autotüren sprühten. Nachdem sich die Panik unter den Demonstrationsteilnehmern gelegt hatte, setzte der Zug seinen Marsch zur Kathedrale fort, die seit dem vergangenen Donnerstag von Bauerngewerkschaftlern besetzt gehalten wird. Ein Polizeioffizier gab an, die Polizisten hätten Anweisung gehabt, in die Luft zu schießen. Von Reportern gemachte Videoaufnahmen zeigten dagegen, daß ein Teil der Polizisten direkt und gezielt die Waffen auf die Demonstranten richtete. Die Schießerei hielt etwa zehn Minuten lang an. In der vergangenen Woche waren nach Gewerkschaftsangaben 15 Streikende durch Schüsse verletzt worden, 50 weitere durch Schläge oder im Gedränge panikartiger Fluchtbewegungen.

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