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"Der Sturz von Senatorin Laurien"

einen Moment lang stand das Herz der Berichterstatterin still: Die Senatorin ist über die Recherche der taz gestürzt. Doch gleich kam die Erkenntnis. Gestürzt ist die Berliner Schulsenatorin gestern nicht politisch, nein, sie fiel, ganz simpel, das Laufband der grade eröffneten Rutschbahn auf dem historischen Jahrmarkt runter. Die Berliner Schulsenatorin Hanna–Renata Laurien kümmert sich nicht besonders um die Anschuldigungen, die gegen sie erhoben werden. Auch gestern gab sie keine erhellende Stellungnahme ab zu dem Vorwurf, sie habe während ihrer Zeit als Staatssekretärin in Rheinland– Pfalz einen rechtsradikalen Lehrer protegiert. Laurien hatte zwar bestätigt, daß sie Beschwerden über faschistische Äußerungen des Lehrers seinen Schülern und Lehrerkollegen gegenüber aus der Personalakte entfernen ließ, gleichzeitig aber betont, damit keinen Rechtsradikalen unterstützt haben zu wollen. Wer sie kenne, so Laurien, wisse, daß sie keine Radikalen unterstütze, weder Linke noch Rechte. Die Akte habe sie korrigieren lassen, um einen „Streit klein zu halten“. Völlig ungeklärt bleibt allerdings, warum sie sich mehrmals für den Lehrer Koch eingesetzt hat. Ihr Einwand, sie habe den Lehrer damals nicht als Rechtsradikalen erkennen können, widerlegen die aus den Akten ersichtlichen Tatsachen. Außerdem hat sie sich nicht nur einmal für diesen Lehrer, der zur Zeit wegen Volksverhetzung in Koblenz vor Gericht steht, eingesetzt. Mehrfach hat sie, wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht, Briefe ihres Ministeriums an den Lehrer Koch korrigiert und entschärft. Offenbar hat Koch sie während ihrer Zeit als Staatssekretärin im Kultusministerium von Rheinland–Pfalz scharf wegen einer ihm zu liberalen Politik kritisiert. War das der Streit, den sie klein halten wollte? Soll das etwa bedeuten, daß ein renitenter rechtsradikaler Lehrer auf einen höheren Posten empfohlen wird, um ihn ruhigzustellen? Hanna–Renata Laurien ist zwar eine konservative Politikerin, daß sie aber rechtsradikal ist, wird keiner behaupten. Warum also diese Unterstützung? Parteienfilz ist auszuschließen, der Lehrer Koch war niemals Mitglied der CDU. Er soll schon 1967, als junger Assessor, geäußert haben, er stünde rechts neben der NSDAP. Auch die Alternative Liste in Berlin ist mit den bisherigen Äußerungen der Schulsenatorin unzufrieden. Der schulpolitische Sprecher der AL Kuhn fordert die „restlose Aufklärung“ der Verwicklungen der Schulsenatorin mit der Laufbahn des Lehrers Koch. Die AL will auch geklärt wissen, ob Laurien gegen das Beamtenrecht verstoßen hat. Eine Erklärung für diese Geschichte bietet sich an. Könnte es ein ganz normaler Vorgang sein, der sich tagtäglich in den Schulverwaltungen abspielt? Brigitte Fehrle Karl–Alfred Wolken Choral von Leiden Mit dem zersplitterten Spaten, mit dem verwundeten Bein - man duldets, in Blut zu waten wie Bottichen Wein. Bei den Verstorbenen liegen umsummt wir von Fliegen gestumm und getreu, zusammengewürfelt: Gebeine bar aller Macht, verstrickt ins Gemeine - wer dort lacht, der lacht umschritten von Hunden mit gräßlichen Wunden und fährt aus der Schlacht.

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