: D O K U M E N T A T I O N Geschlechterkampf im Untergrund
■ Die „Rote Zora“ fühlt sich in einer Dokumentensammlung der „Revolutionären Zellen“ ausgegrenzt
Nach dem RAF–Buch und dem über die Bewegung 2.Juni sollte es nun auch eine Dokumentensammlung über die Revolutionären Zellen geben. Doch darüber ist heftiger Streit entbrannt. Die RZ–Frauen - auch unter dem Namen „Rote Zora“ bekannt - werfen den Herausgebern des 500–Seiten–Werkes schlicht frauenfeindliche Geschichtsschreibung vor. Denn ihre Aktionen, Erklärungen und Interviews sind in dem Dokumentenband - von dem bei uns noch kein Rezensionsexemplar einging - nicht enthalten. Die Verurteilerinnen des Buches haben jetzt dazu aufgerufen, die weitere Verbreitung des Werkes zu boykottieren und alle erreichbaren Exemplare zu recyclen. An die Herausgeber des Buches „Der Weg zum Erfolg - RZ“ In den letzten Tagen ist Euer 500–seitiges Buch herausgekommen. Schon ein Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt, daß dies ein männlicher Weg zum Erfolg sein soll. Vollständig sind alle Zeitungen der Revolutionären Zellen abgedruckt, dazu zwei alte Interviews, Papiere zum Anti–Amerikanismus, zur Startbahn–West, zu den Gewerkschaften und zur Friedensbewegung. Bis auf einen kurzen Beitrag aus dem Revolutionären Zorn Nr.8 ist die Rote Zora vollständig ausgegrenzt: Das Interview aus der Emma erscheint genausowenig wie Erklärungen zur Kampagne der Frauen gegen die Gentechnologie, die humangenetischen Beratungsstellen; kein Kommunique zu ihren Aktionen gegen Frauenhändler, gegen Sexshops. Dagegen wieder vollständig: die jüngsten Erklärungen der RZ–Männer zu ihrer Ausländerkampagne (Hollenberg etc.). Damit fehlt die wesentliche Kraft der heutigen Guerilla - eine Entwicklung, zu der ihr in alt– bekannter männlicher Alltagsmanier kein Wort veröffentlicht. Bei Leuten, die in der Lage sind, so ein Buch zusammenzustellen und zu drucken und zu vertreiben, macht uns das umso wütender. Wir lehnen es daher ab, dieses männliche Buch zu verbreiten. Die von uns zu erreichenden Exemplare haben wir vernichtet, weil das Buch eine einseitige, und damit falsche, frauenfeindliche Geschichtsschreibung über die Revolutionären Zellen und die Rote Zora auf Jahre hinaus festschreibt und Guerilla zur Männersache erklärt. Wir fordern alle auf, dieses Buch auf gar keinen Fall zu kaufen - selbst der Hinweis darauf, daß man mit diesem Buch wenigstens ein paar RZ–Sachen mal gesammelt zur Verfügung hat, fällt nicht nur den Frauen der Roten Zora in den Rücken, sondern schadet der Guerilla insgesamt, weil es spaltet. Wir fordern alle auf, sich am Vertrieb nicht zu beteiligen und alle erreichbaren Exemplare dem unverzüglichen Recycling zuzuführen. Verteiler und Verteilerinnen aus dem Ruhrgebiet
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