piwik no script img

Sare–Prozeß: Wasserwerfer– Kommandant schwer belastet

■ Am 12. Verhandlungstag sagte ein weiterer Zeuge aus, der Wasserwerfer sei zu schnell gefahren

Aus Frankfurt Heide Platen

Auch am 12.Verhandlungstag im Prozeß gegen den Wasserwerferkommandanten Reichert und seinen Fahrer Hampl sagte wieder ein Zeuge aus, der die Angeklagten schwer belastete. Der 25jährige Holger B. schilderte den Einsatz des „WaWe9“ am Abend des 28.August 1985 im Frankfurter Gallusviertel. Während dieses Einsatzes war der Demonstrant Günter Sare überrollt und getötet worden. Holger B. ist in diesem Verfahren der erste, der gesehen hat, wie der Wasserwerfer Sare erfaßte. Er habe, sagte der Zeuge aus, beob achtet, wie der „WaWe9“ angerollt sei und sich „in überhöhter Geschwindigkeit“ eine Durchfahrt durch eine Polizistengruppe verschafft habe. Dann sei er um die Ecke gebogen und genau auf Günter Sare zugefahren. Der sei alleine, im Licht der Scheinwerfer deutlich sichtbar, auf der Kreuzung gewesen. Er sei vor dem zweiten Wasserwerfer, einem „WaWe4“, davongelaufen. Sare kam in das Blickfeld von Holger B., weil er den Weg des „WaWe9“ verfolgte. Der Wasserwerfer habe Sare, der sich über die Schulter umblickte, „in Brusthöhe“ von vorn oder hinten mit der „Kante der Vorderfront“ erfaßt und sei dann noch ein Stück weiter gefahren. Holger B. sieht dann den Verletzten auf der Straße liegen. Daß da jemand auf der Straße rannte, hat auch der zweite gestern Vormittag gehörte Zeuge gesehen. Der 24jährige Polizist gab dem „WaWe4“ zu Fuß Geleitschutz. Er sah vor sich einen Mann fortrennen und ihn, während der „WaWe9“ vorbeirollte, vor dessen Kühler verschwinden. Polizist W. sagt dazu: „Ich habe zuerst gedacht, der hat es vielleicht noch geschafft.“ W. erinnert sich vor allem an die Zeit, als Sare schwerverletzt auf der Straße lag, und an dessen Tod. Sie war für ihn, sagt er, ein Inferno. Er sei „unheimlich betroffen“ gewesen. Steine seien rund um den Schwerverletzten geflogen. Er habe nur helfen wollen und sei als Mörder beschimpft worden. Später habe er „jemandem, bei dem ich gesehen habe, daß der was davon versteht“, die Infusionsgeräte gehalten. Dann sei ihm schlecht geworden. Der Zeuge widersprach dann bei Nachfragen durch die Nebenklage einer früheren Aussage, in der er die Laufrichtung des Getöteten schilderte. So blieb unklar, ob der Zeuge gesehen hat, daß Günter Sare von der Seite her vor den Wasserwerfer rannte. Im Herbst 1985 hatte er noch ausgesagt, Sare sei geradeaus vor den Wasserwerfern in deren Fahrtrichtung gelaufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen