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I N T E R V I E W „Wir konnten Vorbehalte abbauen“

■ Erwin Christophersen ist Leiter der Abteilung Internationales beim DGB–Bundesvorstand

taz: Der DGB ist von den südafrikanischen Gewerkschaften nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen worden. Was waren die Vorbehalte? Christophersen: Schon bei der Gründung der COSATU hat man Unterscheidungen getroffen, wen man für progressiv und wen für nicht so progressiv hielt und mit wem man demzufolge zusammenarbeiten wollte. Bei den IBFG, den amerikanischen, britischen und deutschen Gewerkschaften schien Skepsis angebracht. Das konnten wir uns aus unserem Verhalten nicht erklären, weil wir nie eine negative Haltung zu den Forderungen der Schwarzen eingenommen haben. Wie sind Sie jetzt aufgenommen worden? Die größte Einzelgewerkschaft in Südafrika, die Bergarbeitergewerkschaft NUM, und die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie sowie der DGB hatten schon seit Jahren engste, auch persönliche Beziehungen zu dem NUM–Vorsitzenden Ramaphosa. Insofern betraf die negative Einstellung zum DGB nur einen Teil der COSATU. Mit den traditionellen Industrie– und Betriebsgewerkschaften haben wir immer gut zusammengearbeitet. Wir konnten durch das entschiedene Eintreten insbesondere von Ernst Breit für Sanktionen, für Desinvestment und durch die offenen insgesamt Gespräche einen erheblichen Teil der Vorbehalte abbauen. Welche Unterstützung wurde verabredet? Verabreden war nicht der Sinn der Reise. Es läuft ja schon sehr viel. Es geht um ideelle und materielle Unterstützung. Die ideelle Unterstützung besteht darin, die Forderungen der schwarzen Gewerkschaften, der schwarzen Menschen überhaupt, zur Überwindung der Apartheid zu unterstüzten. Das bedeutet in erster Linie, die Mobilisierung der deutschen Bevölkerung voranzutreiben. Wir haben jetzt die Bildungsarbeit gesteigert und hoffen, daß wir durch unsere Seminare Multiplikatoren heranbilden, die das Problem an ihren Arbeitsplätzen weiter diskutieren. Wir haben eine große Plakataktion in den Betrieben gestartet und werden im September ein Konzert gegen die Apartheid veranstalten. Wird es einen Aufruf zum Konsum–Boykott südafrikanischer Waren geben? Das wollen wir möglichst nicht alleine, sondern mit anderen großen Organisationen machen. Die COSATU schließt Gewalt im Kampf gegen die Apartheid nicht aus. Der DGB ist auf strikte Gewaltlosigkeit festgelegt - auch in Südafrika? Die schwarzen Gewerkschaften sind ja nicht etwa scharf auf Gewalt. Gewalt wird ihnen aufgezwungen durch das Regime. Der Präsident von COSATU hat gesagt, daß er Sanktionsmaßnahmen und Desinvestment als die letzte Form des gewaltlosen Kampfes ansieht. In dieser Hinsicht sind wir uns vollständig einig. Wir sind nach wie vor der Meinung, daß die Apartheid möglichst gewaltlos überwunden werden soll. Interview: Martin Kempe

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