: Neutronen gegen 00
■ Stationierung der französischen Neutronenbombe an der Elbe
Sollte es in Genf tatsächlich zu einer Vereinbarung über die Vernichtung der Mittelstreckenwaffen kommen, so wäre dies der erste Fall in der langen Geschichte der „Abrüstungs“–Verhandlungen, in dem wirklich Waffen abgerüstet und nicht nur Aufrüstungsbegrenzungen vereinbart würden, schrieb Ex–Kanzler Schmidt vor kurzem in der Zeit. Noch ist keine einzige Rakete demontiert, noch sind die Verträge nicht einmal unterschriftsreif, da werden bereits die nächsten Schritte zur Aufrüstung eingefädelt. Der tiefere Sinn der französischen Atomtests auf dem Mururoa–Atoll wird sichtbar: Frankreich entwickelt die zur Zeit perfideste Waffe zur Serienreife: die Neutronenbombe, die Bombe, die Materie schont, aber jedes Lebewesen auslöscht. Die Militärstrategen sind sich bereits einig, wo die Waffe stationiert wird: auf dem Boden der Bundesrepublik, an der Grenze zur DDR. Allerdings: Die deutschen Nachbarn müssen noch überzeugt werden. Warum ausgerechnet in der Bundesrepublik, warum nicht in Frankreich? Es schadet der Verteidigung des französischen Vaterlandes, wenn die Atomsprengköpfe direkt vor ihrer Haustür explodieren könnten. Sind sie weiter weg stationiert, ist Frankreich sicher. In einer deutsch–französischen Verteidigungsvereinbarung soll der BRD ein Mitentscheidungsrecht eingeräumt werden, sie erhalten als Bonbon den „Zweitschlüssel“ zur Bombe, ein erster Schritt zur Atommacht BRD. Im Gegenzug sollen sie einer Stationierung der Neutronenbombe auf deutschem Boden zustimmen. Geschickt sind sie - unsere Nachbarn. Einmal stationierte Raketen sind immer zugleich Zielpunkte gegnerischer Waffen. Französische Atomwaffen mit deutschem Zweitschlüssel bedeuten mehr Aufrüstung als der NATO–Doppelbeschluß; der sah zumindest ein Verhandlungsangebot vor, auf das Gorbatschow reagieren konnte. Wolfgang Zügel
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