: G A S T K O M M E N T A R „Europäisierung“
■ Was will Frankreich mit der Neutronenbombe?
Ist der Anti–Amerikanismus schon so verbreitet, daß die Perversionen des Denkens nur als europäische daherkommen müssen, um weniger verabscheuungswürdig zu sein? Ist die Neutronenbombe die vielgerühmte „Europäisierung“? Mit der Vision eines friedlichen Europas zwischen den Großmächten? Frankreich - das in der Sicherheitspolitik keine Parteien, sondern nur Gaullisten kennt - reagierte prompt auf deuts Deutschland eine Brandmauer ziehen wollen. Kohls dreifache Null–Lösung, die auch die Kurzstrecken–Raketen einbeziehen soll, oder Dreggers Drohung mit dem „Sicherheitssystem“ Wiedervereinigung ist die trotzig–chauvinistische Antwort darauf. Pershing Ia der sichtbarste Ausdruck. Die französischen Militärs wollen keineswegs die Bundesrepublik gleichberechtigt an ihrer Nuklearstrategie beteiligen. Sie wollen vor allem eine europäische Abrüstung im nuklearen Kurzstreckenbereich verhindern, damit ihre eigenen Streitkräfte nicht hinfällig werden. Aber sie haben mit der Neutronenwaffe etwas zu bieten, was drei Fliegen mit einer Klappe schlägt: die politische Aufwertung der BRD; eine nukleare Antwort auf die Abkoppelungstendenzen der USA und gleichzeitig eine gewisse Antwort auf die Konventionalisierungsdiskussion der NATO. Nun müssen sich auch die Europäisierungsstrategen der SPD fragen lassen, ob das die letzte Antwort ihrer französischen Genossen auf die Forderung der Sozialdemokratie sein kann, doch endlich die Vorstellungen von der Bundesrepublik als „Glacis“ der französischen Militärstrategie aufzugeben. Günther Baechler, FSH, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Hamburg
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