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Zimmermann in Bedrängnis

■ SPD, Grüne, FDP und Junge Union greifen Innenminister an / Österreich will die Chilenen

Santiago/Bonn( dpa/taz) - Die Chile–Reise von Bundesarbeitsministers Norbert Blüm (CDU), von der CSU Zentrale erneut als „skandalös“ attaciert, hat seinen Kabinettsollegen,Innenminister Zimmermann (CSU), in die politische Isolation manövriert. Beim Streit um die Aufnahme der 15 chilenischen Todeskandidaten mehren sich die Rufe nach einer Ablösung des Innenministers. Die CSU, so erklärte am Dienstag das FDP–Präsidiumsmitglied Manfred Brunner, „muß sich fragen lassen, ob sie die Bonner Regierung nicht besser als Minderheitsregierung tolerieren will“. Sie müsse jetzt zwischen den Alternativen wählen, nicht mehr ernst genommen zu werden, ihre Position zu ändern oder die Koalition zu verlassen. „Falls Kohl nicht bald für Ordnung sorgt und den Streit notfalls durch die Entlassung Zimmermanns beendet,“ rief der SPD–Vorsitzende Hans– Jochen Vogel in Richtung Wolfgangsee, wo sich der Kanzler im Urlaub befindet, könne „aus dem Fall Zimmermann bald ein Fall Kohl“ werden. Den Rücktritt Zimmermanns forderte auch die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ellen Olms. Die Erklärungen von Strauß und Zimmermann ließen sie als „Befürworter des chilenischen Terrorregimes, der Todestrafe und der Foltermethoden“ erscheinen. Dies sei jedoch nicht neu: „Innerhalb der CDU/ CSU ist die Kopf–ab–Mentalität so alt wie die Partei.“ Zum Rückzug von allen politischen Ämtern forderte die Junge Union Mittelrhein den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß auf. Sein „skandalöser Auftritt“ habe ihn politisch und moralisch disqualifiziert. Auch aus Wien wurde Befremden über die innenpolitische Auseinandersetzung in der Bundesrepublik geäußert. Österreich habe schon vor Monaten erklärt, daß es bereit sei, die zum Tode verurteilten Chilenen aufzunehmen. „Es geht darum, daß Geständnisse mit Methoden der Folter erpreßt worden sind“, erklärte der Östereichische Innenminister Karl Blecha. Wenn die Chilenen „von bestimmten Kreisen in der Bundesrepublik als Terroristen angesehen“ würden, frage er, wie denn die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 von diesen Politikern bezeichnet würden. Die regierungsnahe chilenische Zeitung La Nation berichtete, daß die chilenische Botschaft in Bonn am Dienstag eine Mitteilung über den Stand des Falles der Todeskandidaten und der deutschen Lehrerin Brinkmann machen wolle. Die rechtsgerichtete Tageszeitung El Mercurio kommentierte den Blüm–Besuch als Einmischung in innere Angelegeheiten. M Ä N N E R Michael Augustin In der Innenstadt massieren sich starke Polizeikräfte L I E B E

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