piwik no script img

„Der Meyer rast schon wieder“

■ Neue elektronische Verkehrsschilder als soziale Kontrolle / Überschreiten der Geschwindigkeit wird dem Autofahrer angezeigt: „Sie fahren zu schnell!“

Kleve (ap) - „Denkende Verkehrsschilder“ sollen in Zukunft den Autofahrern das Rasen abgewöhnen. Ein Musterbeispiel für die neue Generation der Warnzeichen steht zur Zeit im niederrheinischen Kleve. Wer am Klever Ring kurz vor einer gefährlichen Einmündung schneller als die vorgeschriebenen 70 Stundenkilometer fährt, der bekommt das schriftlich. Eine große Leuchtanzeige zeigt, gesteuert von Kupferschleifen auf der Fahrbahn, dem Autofahrer seine Geschwindigkeit an: „Sie fahren 90“ oder auch schon mal „Sie fahren 183“. Entwickelt worden ist der Klever Prototyp von der Klever Firma Traffitec. Ihr Geschäftsführer Edgar Peusch fordert eine umfassende Erneuerung der Verkehrsschilder, die er als Relikt der Jahrhundertwende kritisiert. Die Elektronik mache heute variable Verkehrszeichen möglich, die angemessen auf jede Verkehrssituation reagieren. Gleichzeitig schlägt er Verkehrstafeln vor, die eine soziale Kontrolle ausüben. Peusch: „In Tempo–30–Zonen könnte man Tafeln aufstellen, die etwa ab 40 Stundenkilometer den Hinweis geben: Sie fahren zu schnell. Das könnte bewirken, daß der Fahrer aus Angst vor den Nachbarn oder aus Einsicht die Geschwindigkeit reduziert. Wichtig ist bei den Anlagen, daß nicht nur für die Polizei, sondern auch für Außenstehende erkennbar wird, der Herr Meyer von nebenan rast ja schon wieder.“ Allerdings sind auch die neuen - rund 12.000 Mark teuren - Verkehrsschilder vor Mißbrauch nicht sicher. Etliche Autofahrer, so vermutet Peusch, mißbrauchen die Klever Geschwindigkeitsanzeige inzwischen, um ihre Höchstgeschwindigkeit zu messen. Dennoch wird unter dem Strich langsamer gefahren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen