Gaza–Streifen nach Attentat abgeriegelt

■ Kommandant der israelischen Militärpolizei erschossen / Zu dem Anschlag bekannte sich eine „Al Fatah“–Widerstandsgruppe / 60.000 Palästinenser können nicht zur Arbeit / Shamir will „Terrorzellen ausmerzen“ / Militärkommandant der Westbank gegen Kollektivstrafen

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der besetzte Gaza–Streifen mit seinen knapp 700.000 palästinensischen Einwohnern ist am Sonntag von israelischen Sicherheitskräften völlig abgeriegelt worden. Außerdem wurde eine Ausgangssperre verhängt, nachdem zuvor der Kommandant der israelischen Militärpolizei der Region, der 22jährige Ron Tal, erschossen worden war. Die Maßnahmen sollen mindestens bis Dienstag gelten. Sie schließen ein Fischereiverbot ein und bedeuten für 60.000 palästinensische Pendler nach Israel ein Arbeitsverbot. Angaben des israelischen Militärs zufolge wurde der Offizier von einem Unbekannten während der Fahrt in einem Militärfahrzeug getötet. Später übernahm die „Gruppe 17“ der größten Palästinenserorganisation „Al Fatah“ die Verantwortung für den Anschlag. Ein Anrufer erklärte afp: „Wir haben den Offizier erschossen, weil er zur israelischen Besatzungsmacht gehörte, die regelmäßig unschuldige palästinensische Zivilisten tötet.“ Der israelische Verteidigungsminister Jizhak Rabin rechtfertigte damit, daß so leichter die Attentäter aufgespürt und Haus–zu– Haus–Durchsuchungen durchgeführt werden könnten. Außerdem dienten sie als Warnung an die Bevölkerung, nicht mit den Attentätern zusammenzuarbeiten. Premierminister Shamir drohte: „Israel wird die terroristischen Zellen in Gaza ausmerzen.“ Die Abgeordnete der Tehiya–Partei, Geula Cohen, forderte die Ausweisung aller Unterstützer der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) aus Gaza, und Religionsminister Josef Shapiro sprach sich für die Todesstrafe für alle „arabischen Terroristen“ aus. Ganz andere Töne schlug der Militärkommandant der gleichfalls besetzten Westbank an. Er wandte sich gegen Kollektivsanktionen, wie sie am Sonntag in Gaza verhängt worden waren. Vor Rabbinern erklärte General Amram Mitza, die weitaus größere Mehrheit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten wolle nichts als in Frieden leben. Der General setzte sich für eine harte Bestrafung von Attentätern ein, sprach sich jedoch zugleich dafür aus, der Bevölkerung „die Hand zu reichen“, damit sie ihren Geschäften nachgehen könne und von der Besatzung nicht ständig bedrängt werde. Der ehemalige Bügermeister von Gaza, Raschid al Shawa, führte den Anschlag auf die Frustration unter den Palästinensern nach 20 Jahren Besatzung zurück, zumal keine politische Lösung in Sicht sei. Er warnte die israelischen Behörden vor der explosiven Atmosphäre, die jüngst durch die Äußerungen prominenter Israelis über die Ausweisung aller Palästinenser aus den besetzten Gebieten in die arabischen Staaten entstanden sei. Minister Weizman verwies darauf, daß ohne eine friedliche Regelung des Palästinenserproblems der Terrorismus nicht beseitigt werden könne.