Streit im Weißen Haus: Habib geht

■ Philip Habib, Sonderbeauftragter für Mittelamerika, zurückgetreten / Reagan besteht auf Contra–Hilfe

Washington/Managua (afp/ wps/taz) - Der überraschende Rücktritt des Sonderbeauftragten der US–Regierung für Mittelamerika, Philip Habib, steht offenbar im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen innerhalb der Administration über den künftigen Kurs in der Region. Während Reagan trotz des Friedensabkommens, das die fünf mittelamerikanischen Präsidenten vor einer Woche in Guatemala unterzeichnet hatten, an der Militärhilfe für die antisandinistische Contra Nicaraguas festhalten will, machte sich Habib für eine flexiblere Mittelamerika–Strategie stark und wollte auch direkte Verhandlungen mit Nicaragua nicht ausschließen. „Unsere Unterstützung für die Freiheitskämpfer wird andauern, bis es einen befriedigenden Friedensplan gibt, ein Waffenstillstand geschlossen ist und ein überprüfbarer Demokratisierungsprozeß in Gang ist“, kündigte Reagan in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache an, die auf seiner kalifornischen Urlaubsranch in Santa Barbara aufgenommen wurde. Seine Regierung sei zur Mitarbeit an einem Frieden in Mittelamerika bereit, sagte der Präsident, wenn dabei die Interessen Washingtons und „derjenigen, die sich für die Freiheit in Nicaragua schlagen“, gewahrt blieben. Reagan machte deutlich, daß er am sogenannten Reagan–Wright– Plan festhalte, der der sandinistischen Regierung eine Frist bis zum 30. September setzt, bis zu dem Tag also, an dem die US– Hilfe für die Contra ausläuft. Wenn bis dahin in Nicaragua keine „demokratischen Verhältnisse“ herrschen, will das Weiße Haus ein neues Finanzierungspaket für die antisandinistischen Kämpfer beantragen. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar auf Seite 4 Bericht aus Managua Seite 6 Dieser Plan stieß in Kreisen der konservativsten Rechten, die bereits vom „Verrat an den Contras“ sprach, auf Kritik. Sie lehnen jegliche Diskussion über einen möglichen Stopp der Contra–Hilfe ab. Auch Vizepräsident Bush, Verteidigungsminister Weinberger, der Staatssekretär für interamerikanische Angelegenheiten Abrams sowie Sicherheitsberater Carlucci sollen sich der Abwehrungsfront angeschlossen haben. Um seine Kritiker zu beschwichti gen, hat Reagan dem ursprünglichen Entwurf einen Anhang von 21 Punkten hinzugefügt. Darin wird klargestellt, daß die USA ihre Contra–Subventionen nur in dem Maße zurückschrauben wollen, in dem die Contras „in die nicaraguanische Gesellschaft eingegliedert“ werden. Von der Regierung in Managua verlangt Reagan nun zusätzlich eine Präsidentschaftsneuwahl „sehr viel früher“ als - wie verfassungsmäßig vorgesehen - 1990. Im Gegensatz zu seinen Kabinettskollegen hatte US–Außenminister Shultz die Absicht Habibs gebilligt, zu weiteren Friedensverhandlungen nach Nicaragua und in die übrigen Staaten der Region zu reisen. Reagan hatte jedoch die Zustimmung zu dieser Mission verweigert und damit wohl den Anlaß zu Habibs Rücktritt gegeben. Während über den künftigen Kurs der US–Regierung in Mittelamerika noch gehadert wird, kündigte der Sprecher des US–Außenministeriums, Redman, bereits eine neue Initiative an: Sein Ministerium werde eine Million Dollar zur Verfügung stellen, um die Friedensbemühungen zu fördern,und internationale Hilfe für die bürgerliche Opposition in Nicaragua mobilisieren.