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Gorleben–Unfall fahrlässig verursacht

■ Bürgerinitiative Lüchow–Dannenberg legt umfangreiche, bisher unveröffentlichte Gutachten und Dokumente über den Gorlebener Endlagerbau vor / Bochumer Geologe nennt Entscheidungen der Betreiber „fahrlässig und völlig unverantwortlich“

Aus Hannover Jürgen Voges

Gleich einen ganzen Stapel von bisher geheimen Gutachten und internen Papieren über den Bau des Gorlebener Endlagers hat jetzt die BI Lüchow–Dannenberg veröffentlicht. Für die BI beweisen diese Papieren, daß in „mehrfacher Hinsicht fahrlässiges Verhalten“ der am Bau beteiligten Firmen und Behörden Ursache des Unglücks im Gorlebener Schacht war, bei dem am 12. Mai ein Bergmann getötet und fünf weitere Verletzt wurden. Nach den Gutachten und Dokumenten haben die Verantwortlichen schon seit 1982 gewußt, daß der spätere Unfallbereich in 230 Meter Tiefe geologisch instabil ist. In dem offiziellen Gutachten verlangte der Bochumer Professor Jessberger schon 1982 weitere Untersuchungen der kritischen Zone. Sie wurden erst Anfang des Jahres in Auftrag gegeben, erste Ergebnisse lagen genau am Unfalltag vor. Diese Untersuchungen kommen zu dem Schluß, daß das lockere Gebirge im Unfallbereich wegen des hohen Salzgehaltes erst bei einer Abkühlung auf über minus 25 Grad fest wird. Das Gebirge in diesem Bereich des Schachtes, der im Gefrierbohrverfahren niedergebracht wird, war jedoch immer nur bis auf minus 17 Grad abgekühlt. Nach Ansicht der BI haben die Verantwortlichen mit ihrem Vorgehen „bewußt Leben und Gesundheit der Bergleute im Schacht aufs Spiel gesetzt“. Der Hamburger Geologe Professor Eckhard Grimmel nannte nach der Lektüre der Dokumente die Entscheidungen der beteiligten Firmen und Genehmigungsbehörden „fahrlässig und völlig unverantwortlich“. Physikalische Ursache des schweren Unfalls sei gewesen, daß der Untergrund in diesem Bereich überhaupt nicht gefroren war. Es gäbe in der sogenannten „Gorlebener Rinne“ in der Tiefe eine erhebliche Wasserzirkulation. Diese führe die Wärme, die dem Gestein um den Schacht künstlich mit Kältemaschinen entzogen werde, immer wieder zu. Fortsetzung auf Seite 2 Tagesthema auf Seite 3

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