: Kein Platz für LORA im Münchener Kommerzfunk
■ Das selbstverwaltete Lokal Radio (LORA) will die seichten Münchener Radiosender um eine anspruchsvollere Variante bereichern, doch bisher blieb ihm die Lizenz versagt
Von Susanne Petz
Scheinbar will man in Bayerns Vorzeige–Metropole München den privaten Rundfunk ganz besonders „sauber“ halten. Anders ist es jedenfalls kaum zu erklären, daß der Münchener Gesellschaft für Kabelkommunikation (MGK), die den Privatfunk in der Landeshauptstadt organisiert, Formfehler ausreichen, um den Antrag des Lokal Radio München (LORA München) auf eine Sendelizenz für eine der fünf privaten Hörfunkfrequenzen abzuschmettern. Denn LORA München könnte das kommerzielle Hitparaden– Radio durch einen engagierten und bürgernahen Lokalsender unterwandern, der statt seichter Unterhaltung und Werbung Wortbeiträge über das soziale, politische und kulturelle Stadtleben, Kleinkunst, Hörspiele und Musikfeatures in den Vordergrund stellt. Das selbstverwaltete und demokrati sche Projekt wird getragen von einem Verein, dessen Mitglieder bei der Programmgestaltung Mitspracherecht und auch Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Ein festangestelltes Redaktionsteam soll den Sendebetrieb organisieren. Lokale Initiativen, die Radio machen wollen, sind bei LORA willkommen. In Anbetracht der für München durchaus neuen Mitwirkungskonzepte und Programminhalte LORAs gibt es einem doch leise Zweifel auf, wenn sich Günther Ernstberger, Geschäftsführer der MGK, einerseits darüber beklagt, daß das Angebot für den lokalen Rundfunk „nicht besonders ergiebig“ sei und neue Ideen gefehlt hätten, andererseits LORA in die vorsondierte Anbietervielfalt, die die MGK dem öffentlich–rechtlichen Träger zur Abstimmung vorlegt, gar nicht aufnehmen will. Begründet wurde die Absage von der MGK zunächst damit, daß die LORA Programmanbieterge sellschaft den „unverzichtbaren Mindestanforderungen“ nicht genüge. Erstens sei durch das Mitspracherecht der Fördervereinsmitglieder nicht gewährleistet, daß die Gesellschaft genug Einfluß auf das Programm hat, um ihre Programmverantwortung wahrnehmen zu können; zweitens vermißte die MGK eine „plausible Darstellung der Einnahmen“, die LORA nicht durch Werbung, sondern durch Mitgliederbeiträge erzielen möchte. Daraufhin reichten die Antragsteller eine detallierte Erläuterung des Finanzplanes sowie der redaktionellen Verantwortung nach. Da dieser Nachtrag zur Bewerbung aber erst nach Ablauf der Ausschreibungsfrist bei der Kabelgesellschaft einging, wurde er nicht mehr berücksichtigt. Selbst wenn diese Ablehnung formaljuristisch berechtigt war, fragt man sich, ob im Sinne von Vielfalt im Privatfunk nicht auch eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Diese Frage stellt sich besonders dann, wenn man sich die sechs Programmanbieter, denen die Kabelgesellschaft für die Frequenz 93,3 (für die hatte sich LORA beworben) den Zuschlag erteilte, anschaut. Es wurde kein einziger neuer Anbieter in die erlauchte Runde aufgenommen. Sendezeit erhielten ausschließlich Firmen, die (zum Teil in Anbietergemeinschaften) bereits auf anderen Frequenzen in München senden. Bei der „Auswahl“ der MGK kann die Qualität der bisherigen Programme eigentlich keine Rolle gespielt haben. Denn diese hat selbst der Münchner CSU–Arbeitskreis „Erziehung, Bildung und Kunst“ kritisiert. Die CSUler vermissen im Kommerzfunk kulturelle Beiträge mit bildenden Inhalten, sprechen von unzulänglicher Programmqualität und „merkwürdigen Drei–Minuten– Wortbeiträgen“ und stellen eine Verbreiterung der Meinungsviel falt durch die neuen Sender in Abrede. Wenn es also nicht die Qualität ist, so könnte es das Ziel „Durchhörbarkeit“ gewesen sein, das dazu führte, daß man lieber unter sich bleibt. Diesem Prinzip entsprechend, das die bayerische Staatskanzlei in ihrer Begründung zur Änderung des Landesmediengesetzes postuliert, sollen bei den bayerischen Privatradios künftig in sich geschlossene Gesamtprogramme entstehen, auch wenn sie von verschiedenen Anbietern gemacht werden. Die Strauß–Riege begründet diese Forderung mit dem wirtschaftlichen Wohl der privaten Anbieter, das durch bloßes Stückwerk auf den Frequenzen nicht gesichert erscheine. Klar, daß ein Sender mit anspruchsvollerer Unterhaltung, ein kritisches Wortradio ohne Werbung, schwer „durchhörbar“ wäre. Dennoch ist für die Leute von LORA das letzte Wort in Bezug auf ihre Zulassung als Programmanbieter noch nicht gesprochen. Sie nutzten ihr Recht, sich, nachdem es mit der Kabelgesellschaft zu keiner Einigung kam, direkt an die Landeszentrale für neue Medien, den öffentlich–rechtlichen Träger des privaten Rundfunks in Bayern, zu wenden und hoffen auf ein „Machtwort“. Da die Landeszentrale über die Nutzungsanträge aber erst entscheidet, wenn die Kabelgesellschaft ihr Anbieter–Vorschläge für alle fünf Münchener Frequenzen vorgelegt hat, wird der endgültige Bescheid noch eine Weile auf sich warten lassen. Die bisherige Entscheidung des öffentlich–rechtlichen Trägers, der Ablehnungen der MGK revidieren kann, lassen allerdings nicht erkennen, daß sein Verständnis von Meinungsvielfalt im Rundfunk grundsätzlich anderer Natur ist, als das der Kabelgesellschaft. Eine Ausnahme ist lediglich „Radio Z“, das mit dem gleichen Konzept wie LORA München von der Landeszentrale genehmigt wurde und demnächst in Nürnberg auf Sendung geht.
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