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Schulverweigerer soll in Haft

■ Ex–Sonderschullehrer schickt Sohn nicht zur Schule / Flucht nach Österreich / Bußgeld nicht bezahlt, darum zehn Tage Ersatzhaft /Protest gegen rigorose Schulpflicht in der Bundesrepublik

Von Luitgard Koch

München (taz) - „Die Aufnahme in Österreich war hervorragend“, schwärmt der 43jährige ehemalige Sonderschullehrer Bernhard Bartmann aus Regensburg. Der gebürtige Österreicher ist vor knapp einem Jahr in die Alpenrepublik geflüchtet. Grund: Sein achtjähriger Sohn Michael geht nicht zur Schule. In der BRD wurde der engagierte Schulpflichtgegner deshalb mit Bußgeldbescheiden und Zwangsgeld eingedeckt. Nachdem gegen ihn auch disziplinarrechtlich ermittelt wurde, schied er aus dem Schuldienst aus. Seitdem ist der Vater von drei Kindern arbeitslos. Nachdem er ein Bußgeld von 400 Mark nicht bezahlen wollte und aufgrund seiner finanziellen Situation auch nicht konnte, ordnete das Amtsgericht Regensburg zehn Tage Ersatzhaft an. Gegen diesen Beschluß legte sein Rechtsanwalt, Hans Moller, Beschwerde ein. Mit der Begründung, Bartmann habe seine Zahlungsunfähigkeit nicht genügend dargelegt, verwarf die Beschwerdekammer den Antrag. Die Behauptung, er habe derzeit kein Einkommen, sei schon deshalb unzutreffend, weil er gleichzeitig argumentierte, daß ihm nur das Existenzminimum zur Verfügung stehe, entschied das Gericht. Nicht nur diese Logik empört Rechtsanwalt Moller. „Die Anordnung der Ersatzhaft setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus, mir wurde aber bisher nur eine amtsinterne Verfügung zugeschickt.“ Der Anwalt überlegt deshalb eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs einzuleiten. Die Vollstreckung der Haft gegen den Schulverweigerer wird allerdings auf Schwierigkeiten stoßen, da er sich in Österreich aufhält. Um gegen die rigorose Schulpflicht in der Bundesrepublik zu protestieren, überlegt sich der Familienvater jedoch, ob er sich freiwillig zum Haftantritt meldet.

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