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Gericht schließt Hamburgs Giftklo

■ DDR–Deponie in Schönberg ist vorläufig für den Giftmüll der Hansestadt tabu / Richter schließen Gefährdung des Lübecker Grundwassers nicht aus

Hamburg/Berlin (ap/taz) - Die Hansestadt Hamburg steht vor einem Müll–Desaster. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg stoppte am Dienstag die Transporte von Gift– und Hausmüll auf die DDR–Deponie Schönberg. Die Stadt Lübeck, die gegen sieben Transportgenehmigungen der Hansestadt nach Schönberg Widerspruch eingelegt hatte, konnte sich vorläufig durchsetzen. Bis zur gerichtlichen Haupt sache–Entscheidung über die Zulässigkeit der Müll–Transporte darf keiner der sieben (Gift)Mülltransporte mehr über die deutsch– deutsche Grenze rollen. Für Hamburg ist diese Entscheidung besonders gravierend. Die Hansestadt ist von allen Bundesländern der größte Lieferant nach Schönberg. Allein im vergangenen Jahr entsorgte die Stadt mehr als 500.000 Tonnen Müll über die DDR–Deponie, darunter fast 200.000 Tonnen Giftmüll. Hamburg hat wiederholt erklärt, daß es auf Schönberg nicht verzichten könne und wolle. Entscheidend für das Gericht war die mögliche Grundwasser– gefährdung der Stadt Lübeck, die in unmittelbarer Nähe der größten Sondermülldeponie Europas liegt. Eine Gefährdung des Lübecker Trinkwassers durch die Deponie „kann nicht unbezweifelbar ausgeschlossen werden“, erkannte das OVG. Die Hamburger Gerichtsentscheidung steht in einer Reihe mit gleichlautenden Gerichtsurteilen gegen die Giftanlieferungen der Länder Hessen, Niedersachsen und Schleswig–Holstein. In einem Gutachten des Ingenieur–Büros Gronemeier wird die Gefährdung durch die DDR–Deponie ausführlich dargelegt. Der normale Betrieb auf dieser Deponie gleiche einem andauernden Störfall. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Gronemeier rügt die „groben Fehler der Deponietechnik“, das veraltete Dränagensystem, die durchlässige Mergelschicht unter der Deponie und kommt zu dem Schluß, daß in den neunziger Jahren die vergifteten Sickerwässer der Deponie das Lübecker Grundwasser erreichen werden. Die Hamburger Umweltbehörde trat nach Bekanntwerden des OVG–Entscheids zu einer Krisensitzung zusammen. Die anschließende Presseerklärung verschanzte sich hinter Formalien: Die OVG–Entscheidung sei nur vorläufiger Natur, die endgültige Hauptsache–Entscheidung stehe noch aus. Mit der Entscheidung werde nur das Klagerecht der Stadt Lübeck und die aufschiebende Wirkung festgestellt. Im übrigen halte man die Deponie Schönberg nach wie vor für eine verantwortbare Sondermülldeponie. Eine Stellungnahme der GAL Hamburg war nicht zu erhalten: Sämtliche Experten seien derzeit „in strömungspolitische Debatten verwickelt“, beschied die Pressestelle seufzend. -man–

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