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Truppen beschießen Gefängnis

■ US–Menschenrechtsorganisation „Americas Watch“ geht mit der Armee hart ins Gericht, verschont aber auch die Guerilla nicht / Militärs wie auch Guerillabewegung FMLN versuchen, Zivilbevölkerung zu kontrollieren

Frankfurt (taz) - Salvadorianische Truppen haben am frühen Morgen des vergangenen Freitags die Zellentrakte des Männergefängnisses „La Esperanza“ (die Hoffnung) von San Salvador mit Gewehrfeuer und Granaten beschossen. Dies wurde erst gestern von der sozialmedizinischen Entwicklungshilfeorganisation „Medico international“ bekannt gegeben, die sich ihrerseits auf Informationen der regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisation von El Salvador (CDHES–NG) beruft. Beim Beschuß durch die Soldaten, die für die Bewachung des Gefängnisses zuständig sind, wurden fünf Personen verletzt, darunter drei politische Gefangene. Am schlimmsten getroffen wurde Jose Vladimir Centeno. Er wurde mit Granatsplittern in den Beinen und am Oberkörper sowie einer Kieferfraktur und einer Nervenverletzung in eine Privatklinik eingeliefert. Jose Vladimir Centeno, der sich seit November 1985 in Haft befindet, hat unter Folter gestanden, daß er an der Entführung von Oberst Avalos durch die Befreiungsbewegung FMLN beteiligt gewesen sei. Die Beschießung des Gefängnisses durch salvadorianische Truppen aus bisher noch unbekannten Gründen reiht sich ein in eine Reihe von Ereignissen, die auf eine Zunahme der Repression in El Salvador schließen lassen. So wurden schon im Mai und Juli dieses Jahres wieder Schüsse von staatlichen „Sicherheitsorganen“ auf Demonstrationen abgegeben. „Americas Watch“ legt Bericht vor Washington (ips) - Die Lage der Zivilbevölkerung in El Salvador hat sich nach Aussagen eines Berichts der renommierten US–Menschenrechtsorganisation „Americas Watch“ im vergangenen Jahr erheblich verschlimmert. Die Auseinandersetzungen zwischen Militärs und der Guerillabewegung FMLN hätten sich verschärft. Beide Seiten versuchten, Kontrolle über die Zivilbevölkerung zu erlangen, heißt es in dem jetzt in New York veröffentlichten neunten Menschenrechtsbericht von „Americas Watch“ über El Salvador seit Ausbruch des Krieges 1980. „Americas Watch“ zufolge ist ein Großteil der Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung auf Vergeltungsaktionen der Militärs, aber auch der Aufständischen zurückzuführen. Zahlreiche Menschen würden festgehalten, mißhandelt und getötet, weil sie als Kollaborateure der jeweils anderen Seite verdächtigt würden. Die Armee beschäftige und bezahle für die Identifikation vermeintlicher Rebellen Kinder, die oft nicht älter als 13 Jahre seien. Bei der Guerilla würden offenbar Jungen unter 15 Jahren zum Waffendienst eingesetzt. Der Armee wirft die Organisation weiter vor, die gewaltsame Aussiedlung von Zivilisten aus Konfliktzonen fortzusetzen. Auch die Vernichtung von Ernten gehe auf das Konto der Militärs. Zudem kritisiert „Americas Watch“, daß die Militärs dringend benötigte Hilfeleistungen des Roten Kreuzes in vielen Gebieten El Salvadors unterbinden.

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