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Koalition will nicht abstimmen

■ In der Pershing–Debatte im Bundestag will Kohl keine Regierungserklärung ageben / SPD stellt Kanzler–Position zur Abstimmung / Grüne fordern sofortigen Verzicht auf Pershing 1A

Berlin (ap/taz) - CDU/CSU wollen erst nach den Wahlen in Bremen und Schleswig–Holstein am 13. September den Versuch starten, ihre Meinungsverschiedenheiten über den angekündigten Verzicht auf die 72 Perhing– 1A–Raketen beizulegen. Der persönliche Referent von CSU–Chef Strauß, Hegemer, sagte am Dienstag in München, Termine für diese Gespräche stünden noch nicht fest. Zur Vorbereitung der von den Oppositionsparteien beantragten heutigen Sondersitzung des Parlaments traf sich neben den Fraktionen aller Parteien auch die Regierungskoalition - allerdings wie angekündigt ohne die Strauß–Partei. Obwohl die CSU den von Kohl in Aussicht gestellten Verzicht nicht mitträgt, will CDU/CSU–Fraktionschef Dregger am Mittwoch im Namen der gesamten Unionsfraktion reden. Dregger kündigte dies vor Journalisten nach dem Koalitionsgespräch im Bundeskanzleramt am Dienstag früh an, das die CSU–Führung aus Verärgerung über Kohls Entscheidung boykottiert hatte. Dregger betonte, er stehe ständig in Kontakt mit dem CSU–Teil der Fraktion. Fortsetzung auf Seite 2 Kohl bekräftigte noch einmal, daß er in der von der SPD beantragten Bundestagssitzung am Mittwoch keine Regierungserklärung abgeben wird. Die von SPD und Grünen erwarteten Anträge wollen die Koalitionsparteien auf keinen Fall abstimmen lassen, sondern an die zuständigen Ausschüsse überweisen. Während der zu erwartende SPD–Antrag sich deutlich an Kohls Verzichtserklärung anlehnen wird, wollen die Grünen einen eigenen Antrag auf „sofortigen Verzicht“ auf die Pershing–Raketen einbringen. Die Grünen fordern damit die bestehenden Kooperationsabkommen mit den USA zu kündigen, Träger und Abschußvorrichtungen zu verschrotten und die nuklearen Sprengköpfe abziehen zu lassen. Wenig Resonanz erntete Fraktionsmitarbeiter Udo Knapp mit seinem Vorschlag, die Grünen müßten „eine ganz klare positive Aussage zur Initiative Kohls machen“ und dem Antrag der SPD zustimmen. Demgegenüber vertrat Thomas Ebermann, daß „mit der scheinbar großen Geste Kohls die Selbstverständlichkeit deutscher Verfügung über Atomwaffen transportiert“ werde. Aufgabe der Grünen sei es vor allem, diesen Konsens von Genscher, Kohl, Strauß „und neuerdings auch Vogel“, die Pershing 1a als Sondersysteme aus den Genfer Verhandlungen herauszuhalten, aufzuknacken. Um die atomaren Ambitionen der BRD und die Aushöhlung des Atomwaffensperrvertrags in die öffentliche Debatte zu bringen, soll die Verankerung des Atomwaffenverzichts im Grundgesetz gefordert werden.

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