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Südafrika prahlt mit Mordliste

■ Über 500 schwarze Oppositionelle wurden zwischen Juni 86 und Juni 87 „ausgeschaltet“ / Weiße Oppositionsabgeordnete verurteilt Foltermethoden / Neues Zensurgremium

Kapstadt (afp) - Über 500 Mitglieder schwarzer Oppositionsgruppen sind zwischen Juni 1986 und Juni 1987 von der südafrikanischen Polizei „ausgeschaltet“ worden. Diese Bilanz gab am Mittwoch abend der Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, vor dem Parlament in Kapstadt bekannt. Ihm zufolge beinhalten diese Zahlen den Tod von 47 „Berufsterroristen“ und sechs Mitarbeitern sowie die Inhaftierung von weiteren 172 „Professionellen“. Im gleichen Zeitraum seien 54 Menschen dem „Terrorismus zum Opfer gefallen“, während 349 „durch terroristische Akte“ verletzt worden seien. 489 ANC–Mitglieder seien getötet oder verhaftet worden. Die Abgeordnete der liberalen weißen Oppositionspartei PFP, Helen Suzman, nutzte die Gelegenheit, um die Folterpraktiken der Polizei zu verurteilen. Insbesondere verwies sie auf zwei Foltermethoden, bei denen Gefangenen nasse Plastiksäcke, mit oder ohne Elektroden, bis kurz vor dem Ersticken über den Kopf gestülpt würden. Die Folterverhöre würden darüber hinaus nicht in den Gefängnissen selbst abgehalten, sondern in Spezialzellen oder -fahrzeugen. Unter den 1.500 gegenwärtig ohne Gerichtsverfahren festgehaltenen Gefangenen befinden sich der Parlamentarierin zufolge auch ein 74jähriger Greis und ein 18jähriger geistig Behinderter. Innenminister Stoffel Botha hatte ebenfalls am Mittwoch die Bildung eines „Medienrates“ angekündigt, dessen Aufgabe es sei, eventuelle Überschreitungen der jüngst verschärften Pressezensuren der Regierung zu überwachen und Zeitungen zu identifizieren. Die neuen Beschränkungen sehen die vorübergehende Schließung von Zeitungen bis zu drei Monaten vor, wenn ihre Veröffentlichungen als gewaltfördernd oder als Aufruf zur politischen Subversion bewertet werden.

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