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Kartellamt macht Medienpolitik

■ Sportberichterstattung: Globalvertrag zwischen ARD–ZDF und dem Deutschen Sportbund vom Kartellamt untersagt / Private Anbieter atmen auf / Anstalten werden Klage gegen den Beschluß erheben

Von Benedict M.Mülder

Berlin (taz) - Die Vertreter von ARD und ZDF demonstrierten gestern auf der Berliner Funkausstellung Gelassenheit. SFB–Intendant Herrmann zur taz: „Wir machen weiter Programm für den Zuschauer und werden uns dabei nicht vom Kartellamt behindern lassen.“ Am Vortage hatte die Bundesbehörde bekanntgegeben, daß es den 1985 geschlossenen Globalvertrag zwischen den öffentlich–rechtlichen Anstalten und dem Deutschen Sportbund (DSB) aus wettbewerbspolitischen Gründen untersagt. Der Fünfjahresvertrag legt fest, daß die Rundfunkanstalten ein vorran giges Auswahlrecht für Übertragungen von Sportveranstaltungen haben, die vom DSB ausgerichtet werden. Darunter fallen aber weder Golf, Tanz, Pferderennen, Motorsport und Eishockey noch Fußballveranstaltungen. Deren Übertragungsrechte werden bekanntlich von Hans R. Beierlein lukrativ verwertet. Dennoch strengten SAT 1, der Bundesverband Kabel und Satellit (beide repräsentiert durch Jürgen Doetz) sowie der Springer–Verlag das Verfahren an, um „ein De–facto–Monopol der öffentlich–rechtlichen Anstalten endgültig vom Tisch“ zu fegen. Entsprechend groß war die Freude von SAT 1 und RTL plus über den Beschluß. Er wird damit begründet, daß der Globalvertrag privaten Anbietern den Marktzutritt in unbilliger Weise erschwere. Das Amt ließ die Argumentation der Rundfunkanstalten nur beschränkt gelten, ihre Programmbeschaffung sei eine hoheitliche Aufgabe und der Beurteilung durch Kartellgesetze entzogen. Es räumte ein, daß die Sendetätigkeit hoheitlich sei, aber nicht die Programmbeschaffung. Für solche „Waren“ dürfe es keine Exclusivrechte geben. In einer Stellungnahme äußerten ARD und ZDF hingegen ihr Unverständnis, daß das Bundeskartellamt die Grundordnung des Rundfunks zu steuern versuche. Sie bekräftigten im Sinne einer Informationspflicht ihren Anspruch auf eine „umfassende Grundversorgung“. Außerdem, so die Anstalten (Motto:“Zusammen bärenstark“) schränke der Vertrag die privaten Anbieter „in keiner Weise ein“. Das unter den Vertrag fallende Sendematerial könnten sie noch am gleichen Tage zeitversetzt übernehmen. Da die sofortige Vollziehbarkeit des Beschlusses nicht angeordnet wurde, werden die Anstalten weiter nach dem bisherigen Vertrag verfahren können. Sie werden gegen den Beschluß zunächst Klage beim Berliner Kammergericht erheben und kündigten an, bis in die letzte Instanz nach Karlsruhe gehen zu wollen.

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