„Goldener Löwe“ für Louis Malle

■ Frankreich gewinnt zum dritten Mal in Folge / Geteilte Meinungen über die anderen Preise

Aus Venedig Arno Widmann

Die Jury hat gesprochen: Der Goldene Löwe geht an „Auf Wiedersehen, Kinder“ von Louis Malle, der Silberne Löwe zu gleichen Teilen an „Lang lebe die Signora“ von Ermanno Olmi und James Ivorys „Maurice“. Zur besten Schauspielerin wurde die Koreanerin Kang Soon–Yeon in „Leihmutter“ gekürt. Den Preis für den besten Schauspieler teilen sich die beiden Hauptdarsteller in „Maurice“: Hugh Garnt und James Wilby, den Sonderpreis der Jury erhält „Hip, hip, hurra“ von Sten Holmberg. Usw., usw. Von den beiden deutschen Filmen hat Jan Schüttes „Drachenfutter“ einen Liebhaber gefunden. Die UNESCO hat ihn prämiert. Louis Malle hat den Goldenen Löwen nicht entgegengenommen. Er war zwar zur Vorführung seines Filmes hier - zusammen mit Ehefrau Candice Bergen -, ist jetzt aber niemand weiß wo. Nein. Es gibt mehrere Versionen über seinen derzeitigen Aufenthaltsort. Die Lokalzeitung Il gazzettino wähnt ihn auf der Jagd in den Bergen Colorados, während der Corriere della sera berichtet, Malle hätte den Preis nicht entgegengenehmen können, weil er bei Reagan zum Abendessen war. Der Goldene Löwe für Louis Malle wird hier von niemandem bestritten. Bei allen anderen Auszeichnungen gehen die Meinungen weit auseinder. Olmis „Lang lebe die Signora“, den die Kritik sehr gelobt hatte, war in der Jury überhaupt nicht beliebt, und die italienischen Jurymitglieder betonen, wie sehr sie haben kämpfen müssen, um ihm wenigstens einen halben Silbernen Löwen geben zu können. Wie auch immer, ich hatte mit einem Preis für Louis Malle nicht gerechnet. Drei Mal hintereinander - 1985 Agnes Varda, 1986 Eric Rohmer - ein französischer Film. So viel Objektivität hatte ich der Jury nicht zugetraut. Das Fernsehen, das so viel bezahlt hatte, um live die Bekanntgabe der Sieger übertragen zu könenn, hat Pech gehabt. Die Ergebnisse waren am Mittwoch um 15 Uhr schon so bekannt - sie sollten erst um 19 Uhr feierlich verkündet werden -, daß die Pressestelle der Biennale sich gezwungen sah, sie zu veröffentlichen.