piwik no script img

IGBE–Chef will alles: Kohle und Atom

■ Vorsitzender der IG Bergbau und Energie, Meyer, fordert Verständigung in der Energiedebatte / Mehr Kohle, aber nicht in „Gegnerschaft“ zur Atomenergie / Bangemann auf Gewerkschaftstag hart attackiert

Aus Essen Walter Jakobs

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) Heinz Werner Meyer hat auf dem Gewerkschaftstag seiner Organisation am Freitag in Essen eine „gemeinsame Energiepolitik“ gefordert und die Kontrahenten in der Atomenergiedebatte „zur Verständigung“ aufgerufen. Die einen glaubten, „sie würden der Kohle dadurch helfen, daß sie die Kernenergie bekämpfen“, andere bliesen zum Gegenangriff „auf die heimische Steinkohle, um die Kernenergie zu schützen“. Beides sei „zu einfach, beides ist falsch“, sagte Meyer. Die Forderung der IGBE nach dem vorübergehenden Zurückfahren der Atomenergie zugunsten der Kohle bedeute „keine Gegnerschaft“. Wie berichtet, sieht das Überbrückungskonzept der IGBE erst ein Schrumpfen und nach 1995 wieder ein Wachsen des Atomenergieanteils vor. Obgleich die IGBE damit das Nebeneinander von Kohle und Atomenergie festschreibt, verteidigte Meyer den DGB–Ausstiegsbeschluß. Dort wird eine Energiepolitik gefordert, „die es uns ermöglicht, so rasch wie möglich auf Kernenergie zu verzichten“. Dieses Ziel, so Meyer, „gilt nach wie vor. Wir wollen weiter mithelfen, es erreichbar zu machen.“ Allerdings wisse man heute „sicher, daß ein schneller Verzicht auf die Kernenergie unter akzeptablen Bedingungen nicht möglich ist“. Meyer, der den Ausstiegsbe schluß der SPD mit erarbeitet hatte, plädierte für Beibehaltung und Verlängerung des auf dem Konsens von Kohle und Atomenergie beruhenden Jahrhundertvertrages, ohne den „der deutsche Steinkohlenbergbau längst zur energiepolitischen Restgröße geschrumpft wäre“. Für Meyer gefährdet vor allem Bundeswirtschaftsminister Bangemann diesen Vertrag. „Da sitzt der eigentliche Gegner“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende. Diejenigen, die über die hohen Subventionen klagten, unterstellten fälschlicherweise für die Zukunft den derzeit niedrigen Ölpreis und Dollarkurs. Eine Politik, die darauf setze, sei „unverantwortlich, eine Irrsinnsfahrt ins Nichts“. Ohne das Überbrückungskonzept gäbe es in den neunziger Jahren 75.000 Arbeitslose mehr, sagte Meyer. Das Konzept setze „auf Kooperation“, doch „wenn es notwendig ist, können wir uns auch laut Gehör verschaffen“. Überraschend viele Delegierte beteiligten sich an der anschießenden Diskussion. Tenor: Wenn das Geld aus Bonn nicht kommt, dann „marschieren wir dahin und zeigen denen mal, was ne Harke ist“. Ein Betriebsrat: „Wir können hart arbeiten, aber wir können genau so hart kämpfen.“ Dazu werde es kommen, wenn Kohl sein Versprechen, den Bergbau zu unterstützen, nicht halte und der „Totengräber des Bergbaus“, der zum absoluten Buhmann avancierte Bangemann, sich durchsetze. Kommentar auf Seite 4

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen