: Sex and Money im Kieler Wahlkampf
■ Enger Berater des CDU–Ministerpräsidenten Barschel wirft seinem Chef im Spiegel Bespitzelung des SPD–Kandidaten Engholm vor / Anonyme Anzeige bei der Steuerbehörde / Barschel leugnet alles
Von Oliver Wegener
Bremen/Kiel (taz/dpa) - Die CDU in Schleswig–Holstein hat offenbar mit allen Sex–and–Money–Klischees versucht, im Wahlkampf ihre Anhänger zu mobilisieren und der sozialdemokratischen Konkurrenz eins auszuwischen. Nach einem Bericht des Spiegel soll Barschel persönlich den Auftrag erteilt haben, seinen SPD–Herausforderer bei der Landtagswahl, Björn Engholm, bespitzeln zu lassen. Die Vorwürfe des Spiegel fußen auf eidesstattlichen Erklärungen des Barschel–Mitarbeiters Reiner Pfeiffer. Barschel hatte den Bericht am Samstag als „erstunken und erlogen“ bezeichnet und erstattete Strafanzeige gegen die Redakteure. Laut Spiegel hat Barschel seinem Mitarbeiter Pfeiffer den Textentwurf für eine anonyme Anzeige gegen Engholm wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung diktiert. Ebenfalls im Januar dieses Jahres sei Pfeiffer von Barschel angewiesen worden, Engholm wegen seines Intimlebens überwachen zu lassen. Er hätte den Verdacht erhärten sollen, so Pfeifer, der Sozialdemokrat sei „homosexuell“, führe aber auch ein „ausschweifendes Leben mit dem anderen Geschlecht“. Ferner habe Barschel seinen Mitarbeiter in der vergan genen Woche aufgefordert, ein Abhörgerät zu besorgen. Es sollte in der Telefonanlage des Regierungschefs installiert werden, um bei einer Sicherheitsüberprüfung den Verdacht auf Engholm zu lenken. Der Süddeutschen Zeitung sagte Pfeiffer am Sonntag, er habe einen Zeugen dafür. Unter Kollegen ist Pfeiffer nicht gerade angesehen: Seine Karriere begann er als Redakteur des Boulevardblattes Kölner Express. Anfang 1970 tauchte er als Pressesprecher der VFW–Flugwerke zum ersten Mal in Bremen auf. Eine Zwischenstation als Pressesprecher der Bremer CDU beförderte ihn dann im April 78 zum Chefredakteur des Weser Reports (WR), eine kostenlose Sonntags–Schmutzpostille. Ende 1982 kam es zum großen Krach: Pfeiffers Artikel hatten eine Unmenge von Prozessen und Gegendarstellungen provoziert. Etwa eine Enthüllungsstory über seinen früheren Arbeitgeber VFW oder über eine „kommunistische“ Sozialpädagogin, die in ihrem Haus 13jährige Mädchen mit Alkohol abgefüllt und indoktriniert haben sollte. Für die nachweislich „erfundene und erlogene Geschichte“ verdonnerte das Oberlandesgericht Bremen den WR auf 5.000 Mark Schmerzensgeld, Pfeiffer mußte aus eigener Tasche 1.200 Mark dazulegen wegen übler Nachrede. Pfeiffer flog.
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