: Alle reden von Fischer
■ Auch innerhalb der Landtagsfraktion der hessischen Grünen herrscht Unmut über die Fischer–Äußerungen zur Atompolitik / Chris Boppel: „Diskussionsansätze kaputt gemacht“
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Fankfurt (taz) - Auch innerhalb der Landtagsgruppe der realpolitisch orientierten hessischen Grünen macht sich Unmut über die von Joschka Fischer jüngst getätigten Äußerungen zur Atompolitik breit. Wie der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Chris Boppel, gegenüber der taz erklärte, habe Fischer mit seiner Feststellung, daß der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie „irreal“ sei, vorhandene Diskussionsansätze innerhalb der Partei „kaputtgemacht“. Boppel: „Selbst bei den Fundamentalisten war das Klima für eine Grundsatzdiskussion auch über die Durchsetzbarkeit unserer atompolitischen Linie günstig. Fischer hat mit seinen Äußerungen dieses Diskussionsklima für die nächsten Wochen und Monate vergiftet.“ Darüber hinaus würden es die Grünen zukünftig bei den „Diskussionen draußen im Lande“ schwerer haben, ihre Positionen zur Atomenergie zu verdeutlichen, denn der politische Gegner werde „mit Genuß“ bei jeder passenden Gelegenheit Fischer zitieren. Boppel stellte fest, daß die Fraktion keine Veranlassung sehe, die bisherigen Positionen der Grünen zur Atompolitik zu revidieren. Fischer müsse allerdings zugute gehalten werden, daß er mißverstanden worden sei. Der Ex– Minister habe den FraktionskollegInnen im Anschluß an seine öffentlichen Äußerungen erklärt, daß er nur eine Debatte über die Durchsetzbarkeit der grünen Atompositionen in der Praxis habe anzetteln wollen. Boppel: „Mißverstanden wird man allerdings nur dann, wenn man sich mißverständlich äußert.“ Für den Pressereferenten der Fraktion, „Broka“ Herrmann, macht sich die Kritik der Landtagsgruppe an den Fischer–Äußerungen hauptsächlich an der „Ungeschicklichkeit“ des Ex–Ministers fest. Herrmann: „Der Zorn, der hier hochkam, betrifft den Zeitpunkt und die mißverständliche Wortwahl.“ Fischer habe im Alleingang als „Stratege und Gott“ ein Solo „gesungen“, dessen Echo jetzt den Realos insgesamt in den Ohren dröhne. In einer Fraktionssitzung - nach dem Oldenburger Bundesparteitag - sollen die umstrittenen Äußerungen Fischers „offiziell verhackstückt“ werden, meinte der Presserefernt abschließend.
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