: Wer ist Barschel–Ermittler Kleiner?
■ Der Chef der Lübecker Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Oswald Kleiner, hat sich schon in den 50er Jahren das Vertrauen der CDU erworben / Für seine künftige Karriere braucht er das Wohlwollen des Justizministers
Aus Kiel Jörg Feldner
Unter politischen Beobachtern in Schleswig– Holstein werden die Zweifel immer lauter, ob die Ermittlungen in der Affäre Barschel in den richtigen Händen sind. Die zuständige Staatsanwaltschaft Lübeck kam nämlich erst auf Touren, als es gegen den ehemaligen Medienreferenten Reiner Pfeiffer ging. Solange nur der SPD–Kandidat Engholm wegen angeblicher Steuerhinterziehung im Gerede war, hatte man noch den Kriechgang eingelegt. Chef der Lübecker Staatsanwaltschaft, die sowohl die Anzeigen von Engholm wegen Verleumdung, falscher Anschuldigung usw. gegen Unbekannt als auch Barschels umfangreichen Strafantrag gegen Pfeiffer bearbeitet, ist der Leitende Oberstaatsanwalt Oswald Kleiner. Kleiner hat sich am Montag mit der Pressemitteilung, nicht sein Stellvertreter, Oberstaatsanwalt Böttcher, - wie man bis dahin annehmen mußte, sondern „Beamte der Staatsanwaltschaft“ würden die Ermittlungen und Zeugenvernehmungen durchführen, in die Ermittlungen eingeschaltet. Das hätte nichts zu besagen, wenn Kleiner ein politisch unbeschriebener Behördenleiter wäre. Das ist der Chef der Lübecker Staatsanwaltschaft aber keineswegs. Unter Juristen gilt es als sicher, daß Kleiner schon CDU–Justizminister werden wollte und gegenwärtig Generalstaatsanwalt werden will. Der Generalstaatsanwalt allerdings wird vom Justizminister berufen. Kleiner habe gegen den aus Lübeck stammenden CDU–Wirtschaftsminister Manfred Biermann haarscharf an der Sache vorbei ermittelt, wird in Juristenkreisen behauptet - Biermann trat kürzlich wegen beruflicher Beziehungen zu Betrügern zurück. Kleiner habe nach Barschels Flugzeugabsturz auf dem Flugplatz Lübeck–Blankensee so wenig ermitteln lassen, daß die eigentliche Aufklärungsarbeit die Panorama–Redaktion tun mußte, einschließlich der jetzt erfolgten Strafanzeige gegen das verantwortliche Verkehrsministerium - heißt es in Kiel. Das Vertrauen der CDU soll Kleiner sich bereits in den fünfziger Jahren erworben haben, als wesentliche Teile des Justizapparates damit beschäftigt waren, die Ermittlungen gegen den NS– Euthanasie–Verbrecher Heyde–Sawahde zu drosseln. Am Mittwoch abend soll Kleiner in der Staatskanzlei in Kiel gewesen sein. Möglicherweise bei Barschel oder einem der in die Affäre verwickelten Staatssekretäre. Donnerstag mittag ließ Kleiner verlauten, daß bis auf weiteres niemand mehr Auskünfte erhalten werde. Kam dieser Entschluß knapp zu spät? Bereits eine Stunde vorher hatte Pfeiffers engste Mitarbeiterin Jutta Schröder der Deutschen Presseagentur gestanden, sie habe zwei Anrufe mitgehört, bei denen Barschel Pfeiffer aufgefordert habe, eine „Wanze“ zu beschaffen, die Engholm belasten sollte.
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