: Die Verfassung - Barschels Krücke
■ Die „Landessatzung für Schleswig–Holstein“ räumt dem Ministerpräsidenten eine zentrale Position ein
Kiel (dpa) - Solange sich politisch in Schleswig–Holstein nach der Wahl vom 13. September nichts bewegt, ist Ministerpäsident Uwe Barschel die Schlüsselfigur im Ringen um die Macht in diesem Bundesland. Diese starke Position verdankt er der Verfassung, die als „Landessatzung für Schleswig–Holstein“ vom 13. Dezember 1949 selbst einen Regierungschef in Amt und Würden hält, der im Parlament nicht mehr über die Mehrheit verfügt. Dies gilt jedenfalls so lange, bis ein neuer Ministerpräsident und damit eine neue Landesregierung gewählt wird. Dies sind die verfassungsrechtlich denkbaren Varianten: 1. CDU (33 Mandate) und FDP (4) koalieren. Mit Hilfe der 37 Stimmen der Koalition bei insgesamt 74 Abgeordneten und der von Fall zu Fall anzuwerbenden Stimme des SSW–Abgeordneten kann die Regierung Barschel die neue Legislaturperiode angehen. 2. Die FDP verweigert sich einer Koalition, für die erklärtermaßen nur die CDU in Frage kommt. Barschel bleibt zusammen mit seinen Ministern als Minderheitsregierung im Amt. Dieses Kabinett ist eine reguläre Regierung, die allerdings in der entscheidenden Haushaltsfrage nur noch bis Ende dieses Jahres volle Handlungsfreiheit hat. Wenn sie im Parlament für den Haushalt 1988 keine Mehrheit findet, kann sie nur noch die „notwendigen Ausgaben“ tätigen. Dies würde bedeuten, daß das Land weitgehend nur noch verwaltet werden könnte. Für eine solche Minderheitsregierung gibt es rechtlich keine zeitliche Begrenzung. 3. Ein Rücktritt des Ministerpräsidenten würde dazu führen, daß auch alle Minister zurücktreten müßten, die gesamte Landesregierung jedoch geschäftsführend im Amt bliebe und mit den selben Problemen zu kämpfen hätte wie eine reguläre Regierung ohne Mehrheit. So wie der Ministerpräsident bei einer Patt– Situation im Parlament selbst im Falle eines Rücktritts noch die zentrale Figur bleibt, liegt auch die Herbeiführung von Neuwahlen verfassungsrechtlich ausschließlich in seiner Hand. Nur wenn er die Vertrauensfrage stellt und daraufhin nicht die Mehrheit der Abgeordneten für ihn stimmt, kann er das Parlament auflösen. Selbst wenn die Mehrheit des Landtags für Neuwahlen ist, kann der Landtag seine Selbstauflösung nur auf Antrag des Ministerpräsidenten beschließen. Voraussetzung für die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten ist nach der Landessatzung, daß der Kandidat, der nicht Abgeordneter zu sein braucht, die Mehrheit der Stimmen der Landtagsmitglieder auf sich vereinigt. Dies gilt für den ersten und auch für den zweiten Wahlgang. Wenn ein dritter Wahlgang erforderlich wird, ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält. Hans–Peter Möhl
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