piwik no script img

Kein Berufsverbot für linken Anwalt

■ Heidelberger Landgericht darf gegen Gerhard Härdle kein Vertretungsverbot verhängen, entscheidet das Karlsruher Oberlandesgericht / Der dem KBW nahestehende Jurist wurde 1979 zu 20 Monaten Knast verurteilt

Aus Heidelberg Rolf Gramm

Der linke Heidelberger Rechtsanwalt Gerhard Härdle darf wieder uneingeschränkt verteidigen. Ein Versuch der zweiten Strafkammer des Heidelberger Landgerichts, gegen ihn ein teilweises Vertretungsverbot zu verhängen, ist jetzt vom Karlsruher Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Die Heidelberger Richter hatten es abgelehnt, Härdle in einem Diebstahls–Verfahren zum Pflichtverteidiger zu bestellen, obwohl der Angeklagte selbst dies wünschte. Härdle war 1979 in einem bundesweit umstrittenen politischen Prozeß vor eben dieser zweiten Strafkammer des Heidelberger Landgerichts wegen Landfriedensbruch und Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Trotz heftiger Proteste vor allem aus Justizkreisen - es wurde moniert, die Vorwürfe gegen Härdle seien konstruiert, um den dem Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) nahestehenden Verteidiger aus dem Anwaltsstand zu entfernen - mußte Härdle seine Strafe absitzen. Seit seiner Haftentlassung 1983 ist er wieder als Anwalt tätig. Ein Vertretungsverbot für Härdle versuchte lediglich die zweite Strafkammer des Heidelberger Landgerichts durchzusetzen. Deren Vorsitzender Richter Ehlkes wollte den Anwalt nicht als Pflichtverteidiger zulassen, weil er „nicht die Gewähr für einen ord nungsgemäßen Verfahrensablauf bietet“. Bezugnehmend auf die damalige Verurteilung begründete das Gericht „beträchtliche Zweifel, ob Rechtsanwalt Dr. Härdle den Gesetzen entsprechend verteidigen wird“. In der Urteilsbegründung sei dem Anwalt seinerzeit bescheinigt worden, daß „er sich bei der Verfolgung seiner Ziele bedenkenlos über die für alle geltende Rechtsordnung hinwegsetzt.“ Hilfsweise konstruierte Richter Ehlkes zudem, Härdle habe in einem Ver fahren gegen türkische Antifaschisten 1983 versucht, das Gericht unter Druck zu setzen, „indem er es im Falle einer Verurteilung als Werkzeug der Grauen Wölfe bezeichnete“ und sei außerdem verdächtig, einem inhaftierten Mandanten „bei unerlaubten Kontakten aus der Vollzugsanstalt behilflich“ gewesen zu sein. Alle diese Anwürfe wies das Karlsruher Oberlandesgericht jetzt auf die Beschwerde Härdles hin als unbegründet zurück. Nach der Strafprozeßordnung stehe dem Richter kein Ermessen zu, einen anderen als den vom Beschuldigten ausgewählten Rechtsanwalt zu bestimmen, sofern nicht „wichtige Gründe entgegenstehen“. Solche Gründe seien nicht ersichtlich. Eine aus der früheren Verurteilung Härdles ableitbare konkrete Besorgnis, daß der Anwalt sich rechts– oder standeswidrig verhalten werde, bestehe nicht, „weil mit den damaligen Gegebenheiten vergleichbare Umstände in der vorliegenden Strafsache nicht ersichtlich“ seien.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen