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Flughafen statt Weißkohl

■ Großflughafen für Stuttgart / Pläne genehmigt trotz 84.000 Einsprüchen / „Ein Beitrag zum Abbau von Überproduktion“ / Bauern kündigen Klage an / Ist gleichzeitig militärischer Großflughafen geplant?

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Bis jetzt sei es ja noch einigermaßen fair zugegangen, schimpft Landwirt Herbert Priem, dies aber sei nun zuviel. Man sei beschissen und belogen worden. Ort des Unmuts: der große Sitzungssaal des Stuttgarter Regierungspräsidiums. Regierungspräsident Manfred Bulling hatte eben die Genehmigung für den Ausbau des Stuttgarter Flughafens bekanntgegeben. Zwanzig Jahre schon dauert der Kampf der Filderbevölkerung gegen das geplante Großprojekt, in 82.000 Einzeleinsprüchen hatte sich der Protest vor Beginn des öffentlichen Planfeststellungsverfahrens ausgedrückt. Das ist fast mehr als die Zahl der wahlberechtigten Bürger der umliegenden Gemeinden. Der Protest hatte nichts genutzt. 14 Tage bleiben den von dem Ausbau betroffen Bauern, die Pläne gegen ihr Krautparadies zu studieren, danach ein weiterer Monat, um Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen. Für zwei Drittel der gesamten Filderbevölkerung, so hatte der Regierungspräsident gestern mitgeteilt, führten Ausbau und Verlegung von Flughafen und Autobahn zu einer „spürbaren Lärmentlastung“. Allein für 5.000 Wohnungen seien Schallschutzfenster für 90 Millionen Mark geplant. Die genehmigte Planung sieht jetzt eine Verlängerung der Start– und Landebahn um 500 Me ter nach Osten vor. Mit einer Startbahn von dann insgesamt 3.345 Metern genüge der Stuttgarter Flughafen dann in Sicherheit und Funktionalität internationalem Standard und würde seiner Aufgabe, gemessen an den wirtschaftlichen Realitäten des Landes Baden–Württemberg, gerecht. Bei einer solchen Länge, so befürchten Bürger der betroffenen Gemeinden, könnte der Flughafen auch zum militärischen Großflug hafen ausgebaut werden. Danach werden vom Flughafen insgesamt 160 Hektar landwirtschaftlicher Fläche beansprucht, rund 86 Hektar für den Flughafen selbst und 48 Hektar für die sechsspurige Erweiterung der Bundesautobahn Stuttgart–München. 26 Hektar des alten Flughafengeländes sollen rekultiviert werden. 17 Mio. Mark soll die Flughafengesellschaft für ökologische Ausgleichsmaßnahmen aufbringen. Das Ganze sei ein Beitrag, so Regierungspräsident Bulling, zum Abbau landwirtschaftlicher Überproduktion. Einen Sofortvollzug der Ausbauplanung hat das Stuttgarter Regierungspräsidium nicht angeordnet. Einige der anwesenden Bauern haben schon jetzt Klagen angedroht. Am kommenden Freitag wollen sich die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden öffentlich äußern.

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