Vergangenheitsbewältigung zum Billigtarif statt Synagogen–Denkmal

■ Nur 150 Menschen demonstrierten in Bonn gegen die Zerstörung von Resten der jüdischen Synagoge / Bonner Stadtrat lehnte Synagogen–Gedenkstätte ab

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Rund 150 Menschen aus Bonn und Frankfurt demonstrierten am Sonnabend in der Bonner Innenstadt für eine Gedenkstätte am historischen Ort der Bonner Synagoge, deren Fundament–Reste an den Tagen zuvor den Bauarbeiten für ein Hotel mit Tiefgarage zum Opfer gefallen waren. Die Grünen–Bundestagsabgeordnete Getrud Schilling zog in ihrem Kundgebungsbeitrag eine Linie von den Ereignissen in Bonn und Frankfurt zu der Hetzkampagne gegen einen jüdischen Arzt im hessischen Gedern und meinte: „Jedes Faschistenherz muß lachen, wenn sich die sogenannten demokratischen Politiker zu Erfüllungsge hilfen von Forderungen machen, die die Faschisten noch nicht wagen, wieder offen auszusprechen.“ Der Bonner Stadtrat hatte die Forderung nach einer Gedenkstätte am Synagogen–Ort mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Statt dessen wird der etabliertere „Verein an der Synagoge“ in den nächsten Jahren Räume im Stadtmuseum bekommen; außerdem soll ein Mauerteil der Synagoge, der zur Zeit in einem Bauhof zwischengelagert ist, unweit des neuen Hotels als sogenannter „Erinnerungsort“ hingestellt werden. Ein Vertreter der SPD sagte dazu, mit dem Hotel–Bau seien nun einmal Fakten geschaffen worden, die keine andere Lösung mehr erlaubt hätten. Mitglieder der Initiative „Retten wir den Synagogenplatz“, die von der Stadt den Rückkauf des Grundstücks gefordert hatten, werteten es dagegen als Skandal, daß hier Vergangenheitsbewältigung unter dem Gesichtspunkt möglichst geringer Kosten betrieben werde. Am Donnerstag dieser Woche wird sich der Bundestag auf Antrag der Grünen noch einmal mit der Forderung nach einer Gedenkstätte befassen müssen. Außerdem verlangen die Grünen in einem Antrag, daß die Bundesregierung von ihren Plänen für eine „Nationale Mahn– und Gedenkstätte“, in der alle Kriegstoten geehrt werden sollen, Abstand nimmt.