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Amtsgericht auf Bücherjagd

■ Richter leiden unter Gedächtnisschwund

Aus Frankfurt Ralf Volk

Im Rahmen der „Amtshilfe“ wurden vorgestern abend auf Beschluß der Staatsanwaltschaft Darmstadt mindestens sechs Buchhandlungen im Rhein–Main– Gebiet nach dem Buch „Das Info - Briefe der Gefangenen aus der RAF von 1973–1977“ durchsucht. Es seien aber „lediglich kleine Restbestände des Zeugs“ gefunden worden, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Bereits Ende September wurden die Räume des Neuen Malik Verlages in Kiel von den Staatsschützern aufgesucht und rund 3.000 Exemplare des Buches beschlagnahmt (siehe taz vom 30.9.). Grundlage für die Durchsuchung der Buchläden war ein Beschlagnahmebeschluß des Bundesgerichtshofes vom 18.8.1987 und ein Bescheid des Oberlandesgerichts Schleswig vom 22.9.1987. Der vom Amtsgericht Darmstadt ausgefertigte Durchsuchungsbeschluß, eine Kopie des Schleswiger Bescheides, bei dem Adressen und Aktenzeichen überklebt wurden, behauptet, daß das Buch ein im Interesse der Vereinigung Rote Armee Fraktion herausgebgebene Schrift sei. Amtsgerichtspräsident Wagner konnte jedoch zu diesem Vorgang nichts sagen. Ein entsprechender Beschluß sei möglicherweise durch sein Haus gelaufen, aber keiner seiner Richter könne „sich erinnern, in letzter Zeit das Papier unterschrieben zu haben“. Nach den Ermittlungen wegen §129a (Werbung für eine terroristische Vereinigung) werde die Sache dann wieder an das OLG Schleswig abgegeben, teilte die Staatsanwaltschaft Darmstadt auf Anfrage mit. Die Mitarbeiterin einer Buchhandlung bezeichnete es als wahrscheinlich, daß noch mehrere Buchläden „pünktlich zur Buchmesse und zu zehn Jahre deutschem Herbst“ durchsucht werden. Den Fahndern sei bei der Durchsuchung der Räume des Neuen Malik Verlages eine Bestelliste von rund 600 Läden in die Hände gefallen, an die das Buch schon geliefert wurde. Auch in Bayern, Nordrhein–Westfalen und Hamburg seien schon Buchhandlungen durchsucht worden.

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