Ruhrkohle darf Schloß anbohren

■ Bundesverfassungsgericht erlaubt eingeschränklte Untersuchungen, ob unter Schloß Cappenberg im Münsterland der Kohleabbau lohnt / Nur „Wohnbereich“ des Schloßherrn bleibt unangetastet

Karlsruhe (taz) - Die Ruhrkohle AG darf nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun doch, wenn auch eingeschränkt, auf Schloß Cappenberg im Münsterland den Kohleabbau mit Untersuchungen vorbereiten. Gegen jegliche Untersuchungen hatte sich der Eigentümer des unter Denkmalschutz stehenden Schloßes, Graf von Kanitz, ausgesprochen. Daraufhin waren der Gesellschaft durch vorläufigen Besitzeinweisung (eine Form der Enteigung) die Schloßgrundstücke zugewiesen worden. Gegen diese Anordnung hatte der Graf Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich beantragt, sie bis zum Entscheid auszusetzen. Der Beschwerdeführer hatte zunächst Erfolg. Das Karlsruher Gericht stoppte erst einmal die Ak tionen der Bergbau AG Westfalen, die als „Betriebsführungsgesellschaft“ der Ruhrkohle AG fungiert. Gestern hoben die Richter zwar ihre Anordnung nicht auf, ließen jedoch die „unerläßlichen, zeitlich und gegenständlich deutlich reduzierten Untersuchungsmaßnahmen“ der Bergbaugesellschaft zu. Nur der „eigentliche Wohnbereich“ von Kanitz muß von jeglichen Maßnahmen der Bergbau AG ausgespart bleiben. Bei der Urteilsfindung habe man die eventuellen Nachteile sowohl von Graf Kanitz als auch der Bergbaugeselschaft abgewogen, sagte der Vizepräsident des Gerichts, Roman Herzog. Dabei stufte der 1.Senat „mögliche Eingriffe in das Eigentum und die Unverletzlichkeit der Wohnung“ geringer ein, als die nachteiligen Folgen, die entstehen würden, wenn die Bergbaugesellschaft ihre Untersuchungen weiter aufschieben müßte. Die „Möglichkeit des Verlusts zahlreicher Arbeitsplätze“ bei einer weiteren Verzögerung lasse sich nicht ausschließen, heißt es dazu in dem Urteil. Mit dieser Entscheidung ist allerdings noch nicht geklärt, ob die Verfassungsbeschwerde des Grafen Erfolg haben wird oder nicht. Darüber muß das Gericht in einer weiteren Verhandlungsrunde befinden. Für Graf von Kanitz und die mit ihm sympathisierenden Umweltschutz– und Denkmalschutzgruppen bleibt damit eine kleine Hoffnung, die Nordwanderung der Kohle in das Münsterland noch verhindern zu können. (AZ: BVerfG 1 BvR 1048/87) Felix Kurz