Poker um Gipfel Reagan–Gorbatschow

■ US–Präsident: Njet zum Verzicht auf SDI /NATO–Partner unterrichtet / INF–Abkommen weitgehend unter Dach und Fach

Washington/Brüssel (afp/ dpa/ap) - US–Präsident Ronald Reagan ist nicht bereit, zugunsten eines amerikanisch–sowjetischen Gipfeltreffens auf das Programm einer Raketenabwehr im Weltraum (SDI) zu verzichten. In seiner wöchentlichen Rundfunkansprache erklärte Reagan am Samstag zu den Gesprächen seines Außenministers George Shultz mit der sowjetischen Führung in Moskau, die USA würden sich „auf keinen Fall dazu bringen lassen, vitale Interessen aufzugeben, nur um einen Gipfel zu erreichen“. Außenminister Shultz hatte bei seinen Moskauer Gesprächen entgegen allen Erwartungen keine Einigung über einen Termin für das angestrebte dritte Gipfeltreffen Reagans mit dem sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow erzielen können. Dieses Treffen sollte als Rahmen für die Unterzeichnung des Abkommens über den weltweiten Abbau der Mittelstreckenwaffen (INF) dienen. Gorbatschow hatte einen Gipfeltermin von amerikanischen Zugeständnissen bei SDI abhängig gemacht. Aus dem Weißen Haus verlautete, die USA seien eher bereit, auf den prestige– und symbolträchtigen Rahmen eines Gipfels für die Unterzeichnung des INF– Abkommens zu verzichten, anstatt bei SDI nachzugeben. Am Samstag informierte Shultz seine NATO–Amtskollegen in Brüssel vom Verlauf seiner zweitägigen Gespräche. Er äußerte dabei die Überzeugung, daß einem baldigen Abschluß des INF–Abkommens kein Hindernis mehr im Wege stehe. Auch wenn man sich in Moskau nicht auf ein Datum für ein Treffen Reagan–Gorbatschow habe einigen können, seien doch „wesentliche Fortschritte“ im Hinblick auf eine Reduzierung der beiderseitigen Atomwaffenarsenale erzielt worden, sagte Shultz. Gorbatschow wünsche weiterhin, im Herbst in die USA zu reisen, sagte Shultz. Shultz fügte hinzu, er habe mit den Sowjets auch eine „sehr zufriedenstellende“ Lösung für die in deutschem Besitz befindlichen und mit US–Sprengköpfen versehenen Pershing–1a–Raketen gefunden. Deren von Bundeskanzler Kohl zugesicherte Beseitigung werde, da es sich um eine bilaterale Frage zwischen Washington und Bonn handele, im Vertrag mit der UdSSR nicht erwähnt. Die Atomsprengköpfe der Pershing 1a sollten dann in die USA zurückgebracht werden. Ein von Gorbatschow vorgeschlagenes Moratorium für die Produktion, Erprobung und Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa ab dem 1.November ist für das Atlantische Verteidigungsbündnis unter keinen Umständen annehmbar, betonte Shultz vor der Presse in Brüssel nach seiner zweieinhalbstündigen Unterredung mit den NATO–Verbündeten. Von diesem Moratorium wären in erster Linie die restlichen Pershing 2–Raketen und Marschflugkörper betroffen, die im Zuge des NATO–Doppelbeschlusses noch in Europa stationiert werden sollen.